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«Heimat ist, wo ich verstehen kann und verstanden werde» - und das können auch social Media sein.

 
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Mittwoch, 19. September 2012 / 08:58:27

Digitale Potenz versus digitale Demenz

Die hässliche Fratze eines weiteren SVP-Mitglieds starrt uns aus den (a)sozialen Medien entgegen. Gestern musste der Ortsparteipräsident und das SVP-Mitglied im Kanton Schwyz wegen unmenschlicher, rassistischer Äusserungen von seinen Ämtern zurücktreten. Auch sein Arbeitgeber hat reagiert und Seppi Spiess, einen zweifachen Familienvater, freigestellt.

Reihenweise entblössen und entblöden sich SVP-User in den sozialen Netzwerken und tragen weitreichende persönliche Konsequenzen. Während ich vor einigen Jahren noch aufs Übelste via Emails beschimpft, meiner Familie die grausamsten Folterungen angedroht wurden, bin ich dank sozialen Medien endlich etwas geschützter. Vor Jahren hätte ich noch einen aufwändigen Persönlichkeitsschutzprozess oder ein Gerichtsurteil wegen Beleidigung, Verunglimpfung, Bedrohung und Schmähung ins Auge fassen müssen.

Heute reicht es, wenn ich auf meiner Wall die schlimmsten Blogger poste, damit zwar deren Ratings via Google erhöhe, doch immerhin öffentlich kundtun kann, wie brutal, wie hundsgemein und dreckig Menschen mich, meine Urteilskraft und meine divergierende Meinung angreifen. Dies sind eigentlich gute Nachrichten für uns alle, die wir wagen, unseren Kopf gegen den Mainstream zu strecken. Dies ist als Botschaft an alle gedacht, die als klassische Modernisierungsverweigerer wie Manfred Spitzer alles verunglimpfen wollen, was uns die digitalen Revolutionen bescheren.

Selbstverständlich ist mein soziales Netzwerk ein ausgewähltes, elitäres Netzwerk in dem Sinne, dass ich nicht wie Tageszeitungen oder Fernsehprogramme die breite Masse anspreche (und dies auch gar nicht will). Natürlich wird mir via Google jeden Tag demonstriert, dass die Hassprediger von allen Seiten die ersten Hits besetzen und alle Menschen, die mich und meine Schriften nicht kennen, zuerst mal erschrecken. Sie ahnen ja nicht, wie oft ich darauf angesprochen werde, wie ich denn mit all den Widerständen, die mir von überall entgegenschreien, umgehe.

Sie ahnen auch nicht, wie gelassen ich dabei bin. Denn ganz nach Schopenhauer lebe ich nicht in der Meinung anderer Menschen, sondern nur in meiner eigenen Haut. Ich muss mir selber im Spiegel in die Augen schauen können; dabei nützen weder Applaus noch Beschimpfung, sondern allein meine Urteilskraft.

Was ich indessen nicht verstehe ist, wenn mich sogenannte Freunde ständig auf irgendwelche verletzende Äusserungen Dritter gegen mich aufmerksam machen. Ich frage mich dann sofort, ob die Freunde dies tun, weil sie die Meinung des Dritten insgeheim teilen, sich aber (und wer mich kennt, unterlässt dies mangels Mut meistens) nicht getrauen, mir solchen Schrott direkt ins Gesicht zu sagen. Ähnlich geht es mir, wenn ich darauf aufmerksam gemacht werde, wie schlecht, wie blöd, wie verdummt die Menschen doch sind und wie furchtbar die Welt grundsätzlich ist, denn ich sehe sowohl die Menschen als auch die Welt mit völlig anderen Augen.

«Heimat ist, wo ich verstehen kann und verstanden werde» meinte die Philosophin Hannah Arendt weise. Die sozialen Netzwerke sind für viele von uns eine solche Art Heimat. Wir können uns unter ähnlich denkenden, ähnlich differenzierten und ähnlich unterschiedlichen Menschen austauschen, finden und distanzieren. Wir benützen dazu Algorithmen, die zu Worten führen, die einen Klang, ein Rauschen, eine Wolke bilden.

Wir teilen uns die klaren Strafbestand-Postings all der Menschen, die jegliches Demokratie- und Rechtsverständnis brutal und strafrechtlich relevant verletzen. Wir finden engagierte Anwälte, die wichtige Strafprozesse aufgrund der Verletzung von Rassismusnormen führen und gewinnen. Also. Da sich SVP-Mitglieder in gewohnter Manier gegen alles, was uns lieb und menschlich ist, in einer brutalisierten Sprache und einem verabscheuungswürdigen Menschenbild am Stammtisch ausdrücken, meinten sie, dies auch in den sozialen Medien tun zu können. Sie taten und tun dies zwar immer noch viel zu häufig, doch siehe da: Die Menschen werden zum ersten Mal für ihre verhetzenden Äusserungen zur Rechenschaft gezogen.

Das ist richtig. Das ist rechtsstaatlich. Das ist Heimat. Endlich und seit langer Zeit auch für Menschen, die nach wie vor überzeugt sind, dass allein das Gespräch, die Bildung sowie das ganz persönliche Verantwortungsbewusstsein und nicht die menschenfeindlichen Kategorien, Basis für eine lebendige Demokratie sind. Im Gegensatz zu Manfred Spitzer würde ich also eher von einer digitalen Potenz statt digitalen Demenz sprechen (einige Kommentare auf news.ch ausgenommen - sie wissen sofort, wen ich meine.).

In diese positive Einschätzung der Wirkung des Internets passt auch die sehr lehrreiche Auseinandersetzung zu den Google-Ratings, von denen spätestens seit Bettina Wulff nun jede weiss, dass sie alles andere als neutral, objektiv und errechnet, sondern höchst manipulativ sind. Ich wünschte mir eine ähnliche Diskussion zu Meinungsumfragen sowie zu Einschaltquoten.

Wer nun einwirft, ach, an der Verrohung der Gesellschaft ändert doch ein weiterer Rücktritt eines rassistischen SVP-Mitglieds nichts wirklich, soll hier belehrt sein: Es ist in Ordnung, dass ein Mann wie Seppi Spiess nicht mehr in Amt und Würde seine grässlichen Vernichtungsphantasien verbreiten kann. Denn das ist es, was mich seit Jahren stört: Dass Begriffe, Worte, Andeutungen, Kategorisierungen, biologischer Schrott so salonfähig geworden sind, dass man nicht mal mehr die Schultern zuckt, wenn ein Rechtspopulist solch haarsträubende Statements von sich gibt.

Dank den sozialen Netzwerken und x-Fällen kluger, bedachter Strafrechtsanwälte, die sich immer für uns alle und gegen die Beschimpfer auch vor Gericht wehren, können wir ruhiger schlafen.und weiterhin sehr effizient und elegant den Spamfilter aktivieren...

Ein P.S. noch zu Herrn Spiess. Dass er mit seinen unfassbar unmenschlichen Hassäusserungen Amt und Würden verloren hat, ist richtig. Dass ihm nun vielleicht sogar seine ökonomische Existenz genommen wird, nicht. Ein Ausweg bestünde darin, dass Herr Spiess die Möglichkeit gegeben würde, sich mit seinem Selbsthass, der sich genau in solch rassistischen, nekrophilen Phantasien äussert, aktiv auseinanderzusetzen. Wenn er gewillt wäre, sich nicht einfach zu entschuldigen, sondern darüber nachzudenken, wie er diesen Selbsthass überwinden kann, sollte ihm eine Chance gegeben werden. Denn genau dies macht Menschlichkeit aus: Das Bild von sich und dem Fremden, dem Anderen immer wieder zu ändern und so recht eigentlich lebendig zu werden.

Regula Stämpfli (Quelle: news.ch)

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