Donnerstag, 12. Januar 2012 / 08:25:00
1 Milliarde kleine Energiefresser
Der eine oder die andere von Ihnen hat das Jahr 2012 bestimmt mit einem neuen Elektrogerät begrüsst. Zumindest hat sich jeder fünfte Schweizer ein Smartphone oder einen Tablet-PC unter dem Weihnachtsbaum gewünscht.
Ohne Energie läuft nichts
Da aber nicht nur in der Schweiz neue Unterhaltungselektronik gekauft wird, erwartet die Internationale Energieagentur (IEA) einen deutlichen Zuwachs beim Energieverbrauch, den diese Geräte verursachen (s. Grafik [1]). Derzeit fliesst etwa 15% des Stromes, den wir im Haushalt benötigen, in Computer, Fernseher & Co. Weltweit waren das im letzten Jahr zirka 800 Terrawattstunden (TWh). Zum Vergleich: Im Jahr 2010 war der Gesamtstromverbrauch der Schweiz zirka 60 TWh. Bis im Jahr 2030 soll sich dieser Wert jedoch mehr als verdoppeln, erwartet die IEA. Mit zirka 1700 TWh werden wir dann weltweit ebenso viel Strom in unsere Laptops und Smartphones stecken, wie Japan und die USA im Jahr 2009 gesamthaft verbrauchten.
Wo wird die Energie benötigt?
Wieso fressen Computer & Co so viel Energie? Jeder Text und jedes Bild, das wir in unserem Computer speichern oder bearbeiten wird mit Hilfe von Transistoren digitalisiert. Durch stetige Miniaturisierung hat ein Prozessor heute nur noch etwa die Grösse eines Zwanzigräpplers - und enthält dabei über eine Milliarde Transistoren. Jedes dieser Bauteile stellt eine digitale «1» oder «0» dar, indem entweder ein Strom durch das Element fliesst oder nicht. Gesteuert wird der Stromfluss durch eine sogenannte Gate-Elektrode, die wie eine Schranke für die Elektronen im Schaltkreis wirkt.
Um diese Schranke zu öffnen oder zu schliessen wird Energie benötigt. Diese Energie skaliert allerdings kaum mit der Grösse des Elements; stattdessen steigt der Energieverbrauch eines Prozessors etwa proportional zur Zahl der Transistoren.
Für zusätzlichen Energieverbrauch sorgt der sogenannte Leckstrom: Durch die Verkleinerung der Schaltelemente ist die exakte Steuerung immer schwieriger geworden und so können Elektronen die Schranke auch dann passieren, wenn sie eigentlich geschlossen ist. Dieser Leckstrom führt zu Energieverlusten im Transistor und heizt das Bauteil zusätzlich auf. Auch wenn es sich bei jedem einzelnen Schaltelement natürlich um sehr kleine Ströme handelt, so ergibt die Summe aller Transistoren einen erschreckend hohen Wert. Allein in Europa sollen die Leckverluste bis im Jahr 2020 auf 49 Terrawattstunden ansteigen.
Effizienzsteigerung dank neuer Materialien und Designs
Bis jetzt basieren unsere Computer auf planaren Silizium-Schaltkreisen. Um die beiden oben genannten Probleme (Energieverbrauch beim Schaltvorgang sowie Leckstrom im Standby) zu lösen, wird nun aber immer mehr mit neuen Materialien und an alternativen Designs geforscht. So werden im europäischen Forschungsprojekt STEEPER [2] beispielsweise 100 Nanometer dünne Drähte senkrecht nebeneinander aufgestellt und von der Gate-Elektrode umschlossen. Leckströme werden in diesem Design nahezu ganz unterdrückt und die Schaltspannungen sind geringer. Die Forschergruppe erwartet eine bis zu 10-mal bessere Energieeffizienz dieser neuartigen Transistoren.
Es bleibt abzuwarten, wie die Computer der Zukunft in ihrem Inneren aussehen werden. Das Beispiel aus der Forschung zeigt aber, dass ein enormes Einsparpotential vorhanden ist und die Chip-Industrie bereit ist, umzudenken und neue Technologie zu implementieren. Bei immer weiter steigenden Nutzerzahlen von Elektronikartikeln wird sich dies in Zukunft auch auszahlen.
[1] Gadgets und Gigawatt, International Energy Agency, Policies for Energy Efficient Electronics: http://www.iea.org/press/pressdetail.asp?PRESS_REL_ID=284
[2] STEEPER: http://www.steeper-project.org/
Doktorandin Susanne Dröscher (Quelle: ETH-Zukunftsblog)
Artikel per E-Mail versenden
Druckversion anzeigen
Newsfeed abonnieren
In Verbindung stehende Artikel:
CH-Medien- und Unterhaltungsbranche wächst laut Studie weiter
Dienstag, 27. November 2012 / 16:13:07