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Mittwoch, 9. November 2011 / 08:39:34

Dicke Luft in Peking

Vergangene Woche war in dieser Kolumne Rauchen das Thema. Dicke Luft also. Aber es kommt noch dicker. Buchstäblich. Die Pekingerinnen und Pekinger nämlich atmen immer verschmutztere Luft. Kinder und Alten wird empfohlen, sich möglichst wenig im Freien aufzuhalten.

Das morgendliche Jogging Ihres Korrespondenten ist fürs erste gestrichen und durchs militärische Bundesprogramm (Ausgabe 1959) in der Wohnung ersetzt. Ansonsten top-fit würde bei der jetzigen Luft-Qualität die Ertüchtigung im Freien zur Qual eines Asthmatikers.

Die Umweltbehörden der chinesischen Hauptstadt geben sich defensiv. «Nebel», liess ein Beamter verlauten, «ist nicht Umweltverschmutzung». Über solche Sprüche lachen mittlerweile die Laobaixing, die Durchschnitts-Pekinger. Denn sie haben seit Jahrzehnten Erfahrung mit offizieller Schönrednerei und der Verbiegung von offensichtlichen, allen evidenten Tatsachen. Nur «leicht verschmutzte» Luft suggerieren die offiziell veröffentlichten Kennzahlen. Im übrigen weist die Statistik der Pekinger Umweltbehörde für 2010 nicht weniger als sage und schreibe 286 Tage mit klarem, blauem Himmel aus. Ich lebte wohl letztes Jahr auf einem andern Planeten.

Findige Pekinger Mikro-Blogger auf Sina Weibo sehen unwidersprochen und viel applaudiert die derzeitige Situation in der Hauptstadt ganz anders. «Es ist wie wenn man durch ein Riesen-Kamin wandert, bei dem alle Passanten heftige Raucher sind», zwitscherte ein Blogger namens Yanhanyh. Ein Mitblogger antwortete: «ich glaube nicht, dass die Luft wie offiziell behauptet nur ,leicht' verschmutzt ist».

Seit drei Jahren misst auch die amerikanische Botschaft Pekings Luftqualität (iPhone App Beijing Air Quality, welche es auch für Android gibt). Nach den amerikanischen Erkenntnissen ist die Luft nicht «leicht verschmutzt» sondern «gefährlich» bezieungsweise «riskant». Im Unterschied zu den Pekinger Umweltbehörden (10 Micro) messen die Amerikaner auch feinste Partikel (2,5 Micro). Für Tang Xiaoyan, Professor an der Elite-Uni Beida für Umweltschutz, sind die Messungen der US-Botschaft akkurater als jene der Pekinger Umweltbehörden, weil gerade die feinsten Partikel für Menschen besonders gefährlich sind.

Die Pekinger, wie immer sehr initiativ, greifen zur Selbsthilfe. Gesichtsmasken verkaufen sich wie frische Jiaozi (chinesische Ravioli). Weiss, farbig, mit Blumen, Mickey Mouse, Fabeltieren, modern, traditionell, freakig. Fussgänger, Velo-, Motorradfahrer, ja selbst Autofahrer versuchen sich damit gegen den Feinstaub zu schützen. Der Schutz, sagen Mediziner, sei mehr psychologisch als real. Natürlich verdienen sich unter solchen Umständen auch Hersteller von Luftreinigungs-Apparaten und Speziallüftungen eine goldene Nase.

Als zu Beginn des letzten Jahrzehnts Peking die Olympischen Spiele zugesprochen erhielt, versprach der Bürgermeister buchstäblich das Blaue vom Himmel. Tatsächlich, die Luft verbesserte sich markant. Zum einen weil die Schwerindustrie-Komplexe ausgelagert und in den umliegenden Provinzen Fabriken vorübergehend stilllgelegt worden sind, zum andern weil Vorschriften, z.B. für Autos und Heizungen markant verschärft wurden. Doch nach Olympia 2008 ging es nach dem Gefühl der Pekinger und auch Ihres Korrespondenten steil bergab. Dasselbe lässt sich für Shanghai mit der Weltausstellung 2010 und für Kanton (Guangzhou) mit den Asiatischen Spielen sagen. Sind die prestigeträchtigen Grossveranstaltungen einmal vorbei, fehlt der politische Wille zum Durchhalten und Durchgreifen.

Durchgegriffen haben aber sehr wohl jene, die in der neuen Verbotenen Stadt Zhongnanhei unweit des Platzes vor dem Tor des Himmlischen Friedens Tiananmen leben, arbeiten und die Geschicke Chinas bestimmen. Für sich selbst natürlich. Und das sind die Grosskopfeten von Partei und Regierung, Angefangen bei Staats- und Parteichef Hu Jintao und Regierungschef Wen Jiaobo. Die privilegierten roten Mandarine hatten schon immer - auch in Zeiten der höchsten Not - Zugang zu Auserlesenem, Speziellem. Dass sie sich mitten im luftverschmutzten Peking Sorgen um ihre Gesundheit machen, ist verständlich.

Jetzt allerdings ist publik geworden, dass Zhongnanhai - Zentrum von Regierung und Partei - seit Dezember 2008, also kurz nach dem Ende der Olympischen Spiele, mit besonders effizienten Luftreinigern ausgerüstet worden ist. Bekannt geworden ist dies nicht etwa durch die Regierung selbst, sondern in bestem unternehmerischen Bemühen durch den in der Provinz Hunan ansässigen Luftreiniger-Produzenten selbst. «Die Luftreiniger sind überall in Zhongnanhai», heisst es auf der firmeneigenen Website, «in Wohnzimmern, Konferenzräumen, in Schwimmbädern und Gyms». Auch in der nahen Grossen Halle des Volkes und im Staats-Gästehaus Diaoyutai sind die Luftreiniger allgegenwärtig. Dann setzt die Website noch eins drauf: «Es ist ein Segen für das Volk, dass die Luftreiniger eine gesunde und saubere Umgebung für unsere Staatsführer geschaffen haben». Das hustende und schwer atmende Volk allerdings ist - um es milde auszudrücken - not amused.

Peter Achten (Quelle: news.ch)

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