Dienstag, 4. Oktober 2011 / 08:06:28
Tumult nach dem Urteil in Perugia
Nach mehr als zehn Stunden Beratung der Richter und Geschworenen wurde im Berufungsprozess um den Mord an Meredith Kercher das Urteil gesprochen: Amanda Knox und Raffaele Sollecito seien nicht schuldig. Die Verkündung des Urteils löste tumultartige Szenen aus.
Spektakuläre Wende in einem spektakulären Prozess: Die US-Amerikanerin Amanda Knox ist im Berufungsprozess um den Mord an einer britischen Studentin im italienischen Perugia freigesprochen worden. Tränenüberströmt nahm die 24-Jährige, auch «Engel mit den Eisaugen» genannt, das Urteil entgegen.
Auch ihren Ex-Freund Raffaele Sollecito sprach das Geschworenengericht in Perugia am Montagabend frei. Die beiden hätten die Tat nicht begangen, erklärte das Gericht.
Noch vor Mitternacht verliess die junge US-Studentin das Gefängnis von Perugia, in dem sie rund vier Jahre gefangen war. Wie die italienische Nachrichtenagentur Ansa berichtete, wurde sie in einem schwarzen Mercedes mit unbekanntem Ziel vom Gelände der Haftanstalt gefahren. Sollecito verliess ebenfalls in der Nacht das Gefängnis.
US-Medien berichteten, Knox wolle noch am Dienstag zurück nach Seattle im US-Bundesstaat Washington fliegen. «Ich habe das Unerträgliche ertragen», sagte sie nach Angaben von Corrado Maria Daclon, Generalsekretär einer amerikanisch-italienischen Stiftung, die sich in dem jahrelangen juristischen Tauziehen für Knox eingesetzt hatte.
Medien: «Vollkommener» Freispruch
Seinen Anfang nahm der Fall im November 2007: Die britische Austauschstudentin Meredith Kercher wird mit durchschnittener Kehle, vergewaltigt, halbnackt und von Messerstichen übersät in ihrer und Knox' gemeinsamer Wohnung in Perugia gefunden.
Knapp zwei Jahre später wurden Knox und Sollecito in einem Indizienprozess zu 26 beziehungsweise 25 Jahren Haft verurteilt. Nach Auffassung der ersten Instanz hatten sie Kercher bei Sexspielen getötet.
Der Freispruch sei keiner aus Mangel an Beweisen, unterstrichen italienische Medien. Vollkommener könne ein Freispruch nicht sein. Die Suche nach dem Schuldigen müsse damit von vorne beginnen, hiess es in Kommentaren.
Jubel und Beschimpfungen gleichzeitig
Vor dem Gerichtssaal spielten sich nach dem Urteil tumultartige Szenen ab. Mehr als zehn Stunden berieten die zwei Richter und sechs Geschworenen, bevor sie das Urteil um etwa 22.00 Uhr verkündeten.
Die Angehörigen der getöteten Meredith Kercher hörten der Urteilsverkündung wie versteinert zu. Die Schwester der Ermordeten brach in Tränen aus. Die vor dem Gericht versammelte Menschenmenge entlud ihre Anspannung in Jubelrufen einerseits und Drohungen und Beschimpfungen andererseits.
Urteil wegen Verleumdung bestätigt
Wegen Verleumdung des kongolesischen Barmannes Patrick Lumumba, den Amanda kurz nach ihrer Festnahme zu Unrecht des Mordes beschuldigt hatte, bestätigte das Gericht das betreffende Urteil der ersten Instanz.
Die Haftstrafe von drei Jahren hat die Amerikanerin aber bereits abgesessen. Eine Schadensersatzzahlung und die Erstattung der Gerichtskosten Lumumbas stehen aber noch aus.
fkl (Quelle: sda)
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