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Mittwoch, 6. Juli 2011 / 10:03:56

Atom oder Migration - Medien machen Wahlen

Der Wahlumfrageforscher Claude Longchamp brachte die Umfrage zu den Wahlen 2011 mit dem kernigen Satz: «Atom oder Migration, das ist hier die Frage» auf den Punkt. Gemäss GFS-Wahlerhebung konzentrieren sich die politischen Themen auf Fragen der Kernenergie und der Einwanderung.

Nun weiss jeder, der noch etwas gesunden Menschenverstand besitzt, dass genau diese zwei Themen die Medien und die Strasse polarisierten. Und so mancher stellt sich die Frage, was zuerst da war: Das Huhn der Atom-Ausstiegsfrage, oder das erhobene Ei der Bevölkerungssorgen und vergisst darüber etwas viel wichtigeres.

Denn objektiv betrachtet sind die entscheidenden politischen Herausforderungen der westlichen Demokratien nicht die Atom- oder Migrationsfrage, sondern die Staatshaushalte sowie die weltweit prekäre Währungs- und Wirtschaftssituation einerseits und die enge, undemokratische Verflechtung von privaten Interessenorganisationen mit gewählten Politikern andererseits. «Währungs-/Geld-Lobby oder Demokratie» könnten ebenso gut die öffentlichen Sorgen bestimmen, ja müssten es sogar.

Weshalb aber meinen die Menschen, dass die Atompolitik (und hier nicht breiter die Energiefrage) sowie die Einwanderung die grössten Probleme darstellen, denen sich die schweizerische Politik künftig stellen muss?

Schauen wir ganz selektiv auf die Themenskala einer der wichtigsten politischen Sendegefässe von SF 1, der «Arena». In den bisher rund 24 Sendungen thematisierte die Arena-Redaktion 5 Sendungen zur Flüchtlingsproblematik und 5 Sendungen zur Atom-Energiefrage. Das ist fast die Hälfte aller Sendungen. Die anderen Sendungen waren mit einer Abstimmungsarena, der Bundespräsidentin, einer Jubiläumsarena zur Gleichstellung, etwas Spitalfinanzierung, etwas Reichtumsdiskussion, einem «Duell» Blocher-Pelli, dem Euro, der arabischen Welt, dem Bundesanwalt und den Wahlen, u.a. mit dem demokratisch verwerflichen Titel «Wem gehört die Schweiz», gefüllt.

Hätten wir mehr Zeit und etwas Forschungsgeld zur Verfügung, könnten wir in ähnlicher Weise auch 10vor10, die Rundschau sowie die Tagesschau hinsichtlich ihrer thematischen Vielfalt untersuchen. Wir vermuten hier mal ganz unwissenschaftlich, dass sich die Themenkonzentration «Atom oder Migration» in den erwähnten Sendeformaten eins zu eins wiederholt.

Doch leider konzentriert sich die Medienforschung hierzulande auf gute, interessante theoretische Medienhinweise einerseits (siehe die Studien von Prof. Imhof an der Uni Zürich) und ziemlich langweilige, positivistisch-empirische Erhebungen. «Insgesamt gesehen kann man die Programm- und Themenstrukturen in den Programmen der SRG als sehr stabil bezeichnen» steht als Fazit der «Kontinuierlichen Fernsehprogrammforchung in der Schweiz», die in diesen Tagen veröffentlicht wurde. Hallo? Was heisst das nun?

Nachrichten und politische Talkformate sind in einer Demokratie mittlerweile für die politische Willens- und Meinungsbildung entscheidend. Sie formen die politische Agenda mit oder in den Worten der Studie: «Sie ermöglicht die Wahrnehmung politischer Akteure und Positionen sowie die Teilnahme des oder der Einzelnen an öffentlicher Diskussion und Meinungsbildung.»

Richtig. Die Zahlen, die in der Studie indessen erhoben werden, sagen aber nur etwas aus über den Nachrichtenanteil der Medien, der übrigens bei SF Info mit 40 Prozent erstaunlich niedrig liegt und an einem durchschnittlichen Sendetag auf SF 2 sogar unter 2 Prozent liegt. Gut schneiden Westschweizer und Tessiner Fernsehen ab, die schon in der Genderstudie zu den Medien an der Spitze lagen, nun auch punkto Informationsanteil weit über dem deutsch(zürcher)schweizerischen SF stehen. Dies nenne ich den ARTE-Effekt, d.h. kleine Programme haben einen ungleich grösseren demokratischen, inhaltlichen, kulturellen, intellektuellen Anteil als dies sogenannte Kistenprogramme, die sich auch im öffentlich-rechtlichen zu sehr an Quote statt an ihrem Auftrag orientieren.

Doch keine der Studien vermag die Frage zu beantworten, die für die Beurteilung der Medienqualität in der Schweiz eigentlich entscheidend ist, nämlich: Wie intensiv, wie demokratisch unredlich, wie demokratisch-diskursiv, wie gleichstellend, wie vielfältig, wie informativ, wie kompetent beeinflussen die schweizerischen Medien den politischen Diskurs? Dabei ist die Antwort auch wissenschaftlich längst belegt: Medien formen mittlerweile die Gesellschaft so stark, dass Aspekte einer Gesellschaft, die nicht von Medien vermittelt werden, gar keine Form mehr kriegen. Es ist die klassische Frage nach dem Wald, in welchem ein Baum fällt und keiner da ist, um das zu hören. Macht der Baum dann überhaupt ein Geräusch?

Auf die Medien und die Demokratie übersetzt heisst dies, dass wenn die Wahrnehmungsfähigkeit der Menschen so trainiert wird, dass sie in einem Wahljahr nur noch Atom oder Migration buchstabieren können, es daneben, unbemerkt, ganze stürzende Demokratiewälder geben mag, die aber kein wahrnembares Geräusch verursachen.

Medien machen Wahlen. Dies direkt, meist unreflektiert, immer nach dem Warenschema von Personalisierung, Skandalisierung, Polarisierung und Trivialisierung (Stämpfli). Umfragen erheben also nicht die wichtigen Themen der Menschen und der Demokratie, sondern sie bestätigen die von den Medien aufgenommenen, gespiegelten oder selber gesetzten Themen. Demokratie ist aber keine Börse, in welcher die Stimmungen über den Aktienanteil einer Partei entscheiden dürfen.

Dies scheint indessen keinen politischen Redaktionen oder auch nur noch wenigen Universitätsinstituten klar zu sein. Deshalb kriegen wir dann Schreisendungen und -titel wie «Droht der Schweiz eine Flüchtlingswelle?» statt spannende Diskussionen wie: «Ist die Demokratie käuflich und wieviel kostet sie?» oder «Weshalb fragen immer die Frauen und die Männer dürfen dann antworten?» oder «Wie oft wurde die Schweizer Verfassung im letzten Jahr verletzt und kümmert es irgendwen?» oder «Reicht das allgemeine Wahl- und Stimmrecht zur Bestimmung der Politik?» oder «Freund und Feind: Was hat Carl Schmitt überhaupt in der Schweiz zu suchen?»

Denken kostet nichts. Es ist auch nicht besonders anstrengend, es tut höchstens ab und an weh. Doch eine Demokratie ohne Denken gibt es nicht. Dies sollte uns allen zu denken geben.

Regula Stämpfli (Quelle: news.ch)

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  • Medienstudie
    Die Bakom Medienstudie aus dem Text
  • WER MACHT DIE NACHRICHTEN IN DER SCHWEIZ ?
    Zusatzbericht zum Global Media Monitoring Projekt der Schweizerische Konferenz der Gleichstellungsbeauftragten
  • Wikipedia zu Carl Schmitt
    Informationen über den Juristen, Staats- und Völkerrechtler, der mit seiner konfrontativen Demokratieauslegung immer noch die Art der politschen Debatte zu bestimmen scheint
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