Freitag, 15. April 2011 / 14:56:31
Sitzt da ein Schwächling im Weissen Haus?
Gegnern, Beobachtern und sogar einigen Anhängern stellt sich die Frage, ob Barack Obama in seiner Rolle als Präsident zu passiv ist.
«Ich mag den Präsidenten als Mensch», sagte John Boehner, der republikanische Mehrheitsführer im Repräsentantenhaus. «Wir kommen gut miteinander aus, aber unser Präsident ist momentan keine Leitfigur.»
Obama hielt diese Woche eine von allen Seiten mit Spannung erwartete Grundsatzrede zum immer schneller wachsenden Haushaltsdefizit der USA, das bald das grösste aller führenden Wirtschaftsmächte sein wird.
Die Rede hielt Obama erst, nachdem er eine Expertenkommission eingesetzt hatte, die die Probleme angehen sollte. Jedoch liess er die Ratschläge der Experten unbeachtet. Auch als die Republikaner bereits ihren drastischen Entwurf vorstellten, wartete Obama noch.
Schon zu Beginn seiner Amtszeit übertrug Obama die Verantwortung für das ehrgeizigste Vorhaben seiner Präsidentschaft - der Reform des amerikanischen Gesundheitssystems - den Kongressabgeordneten. Zwar war Obama engagiert und einflussreich, doch Verfasser der Reform war er nicht.
Kürzlich überliess er Frankreich und Grossbritannien die Führung beim internationalen Militäreinsatz in Libyen und entsandte Soldaten der US-Luftwaffe erst, nachdem Frankreich einen Plan beim UN-Sicherheitsrat eingereicht und den Startschuss quasi schon abgefeuert hatte.
Selbst der erbittert geführte Streit über den diesjährigen Haushalt, der letzte Woche fast zur Schliessung vieler US-Behörden und zur Einstellung von Zahlungen der US-Regierung geführt hätte, fand bis zur letzten Stunde ohne den Präsidenten statt.
«Wir erwarten, dass ein Präsident alles lenkt und leitet»
«Viele von uns beunruhigt das sehr. Wir erwarten, dass ein Präsident alles lenkt und leitet», sagte David Gergen, ehemals Berater im Weissen Haus und heute als Politikexperte bei CNN tätig. «Doch sein Führungsstil ist anders. Er sieht es lieber, wenn andere die Leitung übernehmen, um dann selbst in allerletzter Minute einzugreifen.»
Angesichts der andauernden Kriege im Irak und in Afghanistan hatte der Präsident einen offensichtlichen Grund, eine kleinere Rolle im Libyenkonflikt anzustreben. Im eigenen Land kann er politisch davon profitieren, wenn er sich den Auseinandersetzungen entzieht, die sich Republikaner und Demokraten gerade liefern.
Jonathan Mann - POLITICAL MANN
Dieser Text stammt von Jonathan Mann, Moderator und Journalist bei CNN International. Er moderiert das wöchentliche Politmagazin «Political Mann» auf CNN International. Der Text steht in der Schweiz exklusiv für news.ch zur Verfügung.
li (Quelle: CNN-News)
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