Freitag, 14. Januar 2011 / 17:00:02
Tunesiens Präsident entlässt Regierung und verhängt Ausnahmezustand
Tunis - In Tunesien haben sich am Freitag die Ereignisse überschlagen. Nach wochenlangen Protesten kündigte Präsident Zine al-Abidine Ben Ali die Entlassung seiner Regierung an. Zudem plane er vorgezogene Parlamentswahlen in den kommenden sechs Monaten, meldeten staatliche Medien.
Ben Ali äusserte sich jedoch nicht dazu, ob er selbst zurücktreten werde. Ministerpräsident Mohamed Ghannouchi wiederum sagte, Ben Ali habe ihn mit der Bildung einer neuen Regierung beauftragt. Und Aussenminister Kamel Morjane deutete im französischen Radio an, dass die Opposition an einer Übergangsregierung beteiligt werden könnte.
Laut einem Bericht der amtlichen Nachrichtenagentur TAP verhängte der Präsident den Ausnahmezustand über das Land. Offenbar wurde auch der Luftraum über Tunesien gesperrt. Die Armee habe zudem am Nachmittag die Kontrolle über den Flughafen der Hauptstadt Tunis übernommen, sagte ein Flughafenvertreter der Nachrichtenagentur AFP.
Grund sei gewesen, dass ein Unbefugter ein Rollfeld betreten habe. Ob nun die Tausenden Touristen im Land ausreisen können, war zunächst unklar.
«Ben Ali - raus»
In Tunis selbst hatte die Polizei Tränengas und Schlagstöcke gegen je nach Quelle mehrere tausend oder mehrere zehntausend unbewaffnete Demonstranten eingesetzt. In der Innenstadt waren auch Schüsse zu hören.
Die Demonstranten skandierten Parolen wie «Ben Ali - raus» oder «Ben Ali - Mörder». Sie machen ihn und seinen Clan für die Polizeigewalt, die hohe Arbeitslosigkeit und die Korruption verantwortlich.
Seit rund einem Monat wird in Tunesien gegen die hohe Arbeitslosigkeit und immer mehr gegen das Regime demonstriert. «Wir wollen diese Diktatur beenden», sagte eine Demonstrantin.
Auch in anderen Städten wie in Sidi Bouzid, wo die sozialen Unruhen begonnen hatten, gingen die Menschen erneut auf die Strasse. Inzwischen haben die Proteste selbst wohlhabende Touristenorte am Mittelmeer erreicht.
Derweil erhöhte sich die Zahl der Opfer der Zusammenstösse zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften. Über die genaue Zahl der Opfer herrscht jedoch Unklarheit: Die Regierung spricht von 23 Toten. Die Opposition hingegen geht von mindestens 79 Menschen aus, die von Sicherheitskräften erschossen wurden.
sl (Quelle: sda)
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