Donnerstag, 16. Dezember 2010 / 20:53:00
Schleudertrauma-Renten werden neu geprüft
Bern - Seit Inkrafttreten der 5. IV-Revision haben Patienten mit organisch nicht erklärbaren Schmerzstörungen keinen Anspruch mehr auf eine Rente. Nun geraten auch Renten unter Druck, die vor dem Jahr 2008 bei solchen Diagnosen gesprochen wurden.
Der Nationalrat ist am Donnerstag dem Erstrat gefolgt und hat mit 116 zu 63 beschlossen, alle Renten zu überprüfen, die aufgrund von klinisch nicht nachweisbaren Beschwerdebildern vor Anfang 2008 erteilt wurden. Einzig über 55-Jährige sowie Personen, die seit mehr als 15 Jahren eine Rente beziehen, haben eine Besitzstandsgarantie.
Der Bundesrat möchte mit der in der Schlussbestimmung der 6. IV-Revision festgehaltenen Regel zwei Bundesgerichtsurteile umsetzen. Die Lausanner Richter hatten entschieden, dass wegen einer somatoformen Schmerzstörung oder eines Schleudertraumas kein Anspruch auf eine IV-Rente entsteht.
Diskriminierend und unklar für die Linke
Es sei diskriminierend, eine Gruppe Menschen wegen eines bestimmten Krankheitsbildes von der IV auszuschliessen, kritisierte Silvia Schenker (SP/BS).
Es sei nicht klar, welche Pathologien genau unter die Definition «pathogenetisch-ätiologisch unklare syndromale Beschwerdebilder» fielen, sagte Paul Rechsteiner (SP/SG) mit Verweis auf Stellungnahmen von Ärzteorganisationen. Zu befürchten sei deshalb, dass auch psychische Krankheiten unter diese Bestimmung fallen.
Diese Angst sei unbegründet, sagte Gesundheitsminister Didier Burkhalter. Nicht geprüft würden psychische Krankheiten wie Depressionen, Psychosen, Schizophrenie oder schwere Persönlichkeits- oder Essstörungen.
Die Renten würden nicht einfach gestrichen. Wie bei anderen IV-Rentenbezügern werde geprüft, ob eine Wiedereingliederung möglich sei, sagte Burkhalter.
Für Toni Bortoluzzi (SVP/ZH) ist es dringend nötig, dass diese Renten überprüft werden. Das diene der Glaubwürdigkeit der Sozialversicherung, sagte er. Es sei zudem eine Frage der Gleichbehandlung zwischen Neu- und Altrentnern.
Gegen Behinderten-Quoten
Zuvor hatte sich die grosse Kammer mit 114 zu 74 Stimmen gegen Behinderten-Quoten für Unternehmen ausgesprochen. Firmen mit mehr als 250 Arbeitsplätzen wären damit verpflichtet worden, mindestens 1 Prozent der Stellen für Behinderte zu reservieren, denen im Rahmen der 6. IV-Revision die Rente gekürzt wird.
bert (Quelle: sda)
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