Montag, 6. Dezember 2010 / 14:16:08
«Asyl» für Wikileaks organisiert sich selbst und international
Die Frage der Woche lautet: Wikileaks will womöglich in die Schweiz
übersiedeln. Soll unser Land der Enthüllungsplattform ein Asyl anbieten? Heute der Beitrag von Brenda Mäder, Präsidentin der Jungfreisinnigen Schweiz.
Nachdem die Server von wikileaks.org abgeschaltet wurden, gab die Internetplattform via Twitter bekannt, in die Schweiz umgezogen zu sein. Die Piratenpartei hatte einige Monate davor die Domain wikileaks.ch erworben, die Site ist seither über diese Adresse aufrufbar.
Da die .ch-Site weiterhin über den bisherigen Server lief, begannen zahlreiche Private und sowie weltweit und koordiniert die verschiedenen Sektionen der Piratenpartei, den Inhalt von Wikileaks zu spiegeln und dezentral zu «lagern». So sind die Inhalte weiterhin abrufbar. Einer Internettplattform «Asyl» zu bieten ist, wie dies zeigt, nicht möglich und auch nicht nötig: Im Web organisiert sich die Unterstützung für eine Internetplattform selbst und über die nationalen Grenzen hinweg. Das Asyl wurde quasi auf diversen Adressen und Servern gewährt.
Eher problematisch ist die Vorgehensweise einiger staatlicher Instanzen im Fall Wikileaks. So wird in mehreren Zeitungen beschrieben, dass die französische Regierung Druck auf OVH, ein Zulieferer von Wikileaks, ausübt. OVH erklärte, dass es nicht die Angelegenheit der Politik sei, Wikileaks vom Netz zu nehmen und - wenn schon - Gerichte entscheiden müssen. Hier liegt gerade das Problem: Es wird ohne gerichtliche Instanzen Druck auf private Anbieter ausgeübt, die Internetplattform vom Netz zu verbannen.
Das Vorgehen verstösst einerseits gegen die Meinungsfreiheit und greift andererseits viel zu kurz: Wie man aktuell sieht, wird der Inhalt von Wikileaks bereits heute mehrfach und von Privatpersonen kopiert. Viele Privatpersonen stellen sich freiwillig zur Verfügung und nennen dabei oft die Meinungs- und Pressefreiheit als Grund für Ihren Einsatz für Wikileaks.
Das kann mit einem einfachen Vergleich begreifbar gemacht werden. Wenn einer Zeitung oder Zeitschrift brisante Dokumente in die Hände fallen, wird daraus eine Titelgeschichte fabriziert. Praktisch jeder Journalist wäre froh, mal einen Primeur oder eine kleine Skandalgeschichte zu liefern. Wikileaks funktioniert hier anders - ohne Titelstory, dafür wird die Info in allen Zeitungen und Internetzeitschriften und -Foren verbreitet.
Brenda Mäder (Quelle: news.ch)
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