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Mittwoch, 1. September 2010 / 13:03:57

Herbst im Schweizer Blätterwald

Die Massenmedien haben sich in den letzten Jahren massiv verändert. Was jeder Leser bereits wusste, hat nun der Schweizer Soziologe Kurt Imhof mit wissenschaftlichen Daten untermauert. Gross diskutiert wird darüber nicht, genau das sollte man aber.

Mitte August ging ein empörtes Raunen durch die helvetische Medienlandschaft: Kurt Imhof, Soziologe an der Universität Zürich und Vorsteher des Forschungsbereichs Öffentlichkeit und Gesellschaft, präsentierte die Ergebnisse einer Studie über die «Qualität der Medien». Darin skizzierte er ein sehr düsteres Bild der aktuellen Verhältnisse. Insbesondere beanstandet Imhof die Zunahme so genannter «Softnews», also von Klatsch und Tratsch, der kaum Informations-, sondern praktisch nur Unterhaltungswert besitzt. Der Fokus werde fast ausschliesslich auf Personen und Events gerichtet; der reflektierende und einordnende Journalismus hingegen werde auf dem Altar der Kurzlebigkeit geopfert. Besonders die Presse kriegt in dieser Studie ihr Fett weg. Diese habe sich am stärksten von ihren ursprünglichen Funktionen und Idealen entfernt - der Aufarbeitung gesellschaftlich relevanter Informationen und der Aufklärung der Staatsbürger.

Bauchgefühl empirisch bestätigt

Als ich die Studienergebnisse las, war mein erster Gedanke: Wurde auch Zeit! Zeit, dass dies jemand feststellt. Zeit, dass dies jemand laut ausspricht. Und vor allem Zeit, dass die Angeklagten nun gezwungen sind, zu den Vorwürfen Stellung beziehen.

Denn, Hand aufs Herz: Kannte nicht jede Medienkonsumentin und jeder Medienkonsument, jede Medienschaffende und jeder Medienschaffende die Resultate der Untersuchung bereits vor ihrer Veröffentlichung? Wer regelmässig einen Blick in eine Tageszeitung wirft, weiss selber, wie stark sich die Massenmedien in den letzten Jahren verändert haben: Die Hintergrundberichte müssen Crime- und Promi-Nachrichten weichen, der Inland- und Auslandteil wird immer schmaler und schaler, während die Bilder immer grösser und bunter werden. Man muss Kurt Imhof jedoch hoch anrechnen, dass er unser Bauchgefühl mit seinen empirischen Daten untermauert und somit einen weiteren wichtigen Beitrag für die Diskussion über die gesellschaftliche Funktion der Medien im 21. Jahrhundert leistet.

Wenig, dementierendes Medienecho

Die Schweizer Medien - allen voran die Presse - zeigten sich mehrheitlich entrüstet über den Angriff der Wissenschaft auf ihre Leistung und Integrität. Logisch, niemand mag es, wenn ihm ein Spiegel vorgehalten wird, der ihn zwingt, seine Furchen und Narben zu betrachten. Doch mangelte es den Medien nicht an Rechtfertigungen und Ausreden, an Beschwichtigungen und Dementi: Nein, die Qualität der Medieninhalte leide nicht unter dem Aderlass bei den Redaktionen, man könne auch mit weniger Journalisten die gleiche Leistung erzeugen; nein, die Gratis-Zeitungen und Online-Portale würden nicht den traditionellen Gattungen Presse, Radio und Fernsehen kontinuierlich das Wasser abschöpfen; und nein, trotz der Schnelligkeit der digitalen Medien erfüllen diese ihre gesellschaftliche Funktion als Informationsverarbeiter und Meinungsmacher ebenso gut wie die anderen Medien. So und ähnlich wehrten sich die Angegriffenen, bevor das Medienecho nach wenigen Tagen wieder fast gänzlich verstummte.

Verzerrungseffekte

Ob man die massiven Umwälzungen der Schweizer Medienlandschaft nun gut findet oder nicht: Man muss sie (bis zu einem gewissen Grad) mit einem gewissen Fatalismus akzeptieren und in ihrer Normalität betrachten. Denn: Veränderungen sind nichts Aussergewöhnliches. Unsere Grosseltern kritisierten vor Jahrzehnten, dass Radiohören und Fernsehen das familiäre Tischgespräch ersetzten und das Ende des lokalen Musik- oder Turnvereins einläuteten. Heute stellt sich kaum ein Mensch mehr die Frage, ob diese Massenmedien einen negativen Einfluss auf unsere Gesellschaft gehabt hatten. Sind, von dieser Warte aus betrachtet, die Aussagen Kurt Imhofs nicht einfach nur Stellungnahmen eines frustrierten Medienkenners, der sich darüber echauffiert, dass seine NZZ, sein Tagi, sein Bund nicht mehr so tiefgängig sind wie bisher, weil die ach-so-bösen Gratiszeitungen und Online-Portale es besser verstehen, ihre Angebote mundgerecht zugeschnitten und leicht vorverdaut in die Schlünde der spass- und unterhaltungsgeilen Konsumentinnen und Konsumenten zu stopfen? Sicher auch. Man kommt nicht umhin zu denken, dass der Soziologe seine wissenschaftlichen Daten mit einem starken Schuss seiner persönlichen Meinung vermengte, um so seinem Ärger Luft zu machen.

Darüber reden!

Trotzdem muss man die Erkenntnisse seiner Studie unbedingt ernst nehmen und damit den Diskurs über den Qualitätsverlust der Medien in Gang halten. Denn: Die Diskussion über die Gestalt und Missgestalt der Massenmedien ist ebenso eine Diskussion über die Selbstwahrnehmung von uns und unserer Gesellschaft. Kaum eine andere Institution (neben dem Eltern- und dem Schulhaus) hat heute einen solch massiven Einfluss darauf, wie wir unsere Umwelt wahrnehmen, mit welchen Themen wir uns auseinandersetzen, welche Werte wir als relevant betrachten. Wird dort nur noch über Absurdistan und den Schnügel des Tages, über Pitt und Paris, über Blut und Brüste berichtet, so werden auch unsere Gedanken und Gespräche von diesen Themen geprägt sein. Die Debatte über die Qualität der Medien ist folglich (etwas überspitzt formuliert) auch eine Debatte über die Qualität unseres Denkens und unseres Zusammenlebens. Darüber kann nicht genug debattiert werden.

 

Kommentare zum Artikel

Claudio Dulio / Tink.ch

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