Mittwoch, 21. Juli 2010 / 12:17:31
Keine lahmen Enten, sondern Handlungsfähigkeit
Die Frage der Woche lautet: Rücktritt von Bundesrat Leuenberger: Ist eine Amtszeitbegrenzung für Bundesräte notwendig? Heute der Beitrag von Simon Oberbeck. Er ist Präsident der Jungen CVP Schweiz und Gemeinderat in seiner Wohngemeinde Birsfelden (BL).
Endlich ist es soweit; Bundesrat Moritz Leuenberger hat seinen mehr als überfälligen Rücktritt auf Ende Jahr (!) angekündigt. Leuenbergers Schritt ist zu begrüssen. Erstens, weil Leuenberger selbst schon seit Jahren keinen motivierten und mitreissenden Eindruck mehr hinterlässt. Stattdessen erscheinen seine Auftritte seltsam entrückt und neue Akzente bleiben von ihm ebenfalls seit einiger Zeit aus. Zweitens, weil wieder einmal die Chance besteht die Handlungsfähigkeit des Bundesrats nachhaltig zu verbessern.
Dies allerdings nur, wenn der Rücktritt Leuenbergers dazu dient, endlich über das Grundsätzliche zu diskutieren. Kann es denn weiterhin sein, dass sich das ganze Land über den zerstrittenen Bundesrat aufregt und niemand nach der Ursache des Problems fragt? Diese ist einfach auszumachen. Sie liegt im Wesen der Allparteienregierung. Es ist nämlich schlicht normal, dass Personen die zusammen Politik machen sollen, sich aber politisch so nah sind wie ein Känguru einem Eisbär, dazu schlicht nicht in der Lage sind.
Zwischen den Mitgliedern des Bundesrats liegen und lagen politisch oft Welten. Trotzdem hat die Allparteienregierung lange funktioniert. Der Grund ist einfach; wenn nicht regiert, sondern im Wesentlichen verwaltet wird, ist das Konfliktpotential naturgemäss deutlich geringer. Im Internetzeitalter mit seinen globalen Herausforderungen sind Staaten geradezu gezwungen jederzeit politikfähig zu sein. Es reicht nicht mehr, sich einfach durchzuwursteln, schnelle und gleichzeitig passende Lösungen sind jederzeit gefragt.
Dieser Wandel der Politik überträgt sich natürlich auch in den Bundesrat. Neben einer Diskussion über Sinn und Unsinn der Allparteienregierung ist unbedingt zu verhindern, dass gescheiterte Ideen, wie die einer Amtszeitbeschränkung wegen eines unrühmlichen Einzelfalls wieder aus der Versenkung auftauchen.
In den USA, aber auch in alle Staaten Lateinamerikas sieht man, zu was Amtszeitbeschränkungen führen: zu in der letzten Wahlperiode de facto handlungsunfähigen Politikern („lame ducks“). Das Gegenteil von dem, was unsere Zeit von der Politik verlangt. Wer wirklich verhindern will, dass Bundesräte nach Gutdünken (spät) zurücktreten, sollte den Mut haben erstens die Vertrauensfrage als permanentes und nicht nur alle vier Jahre wiederkommendes Instrument einzuführen und zweitens dabei Bundesräte auch abzuwählen.
von Simon Oberbeck (Quelle: news.ch)
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