Freitag, 2. April 2010 / 13:23:25
Warum Ötzi noch so frisch aussah
München - Die Gletschermumie «Ötzi», die bis zu seiner Bergung 1991 über 5300 Jahre im Schnee der Ötztaler Alpen vergraben war, verdankt seine gute Erhaltung dem Gefriertrocken des Bindegewebes. Zu diesem Schluss kommen Wissenschaftler der Universität München in der Zeitschrift «Proceedings of the Royal Society B».
Die Untersuchung der Kollagenschicht des Mannes aus dem Eis zeigte, dass diese in Sachen Frische derjenigen eines lebenden Mannes entspricht.
Verblüffende Frische
«Die Mumie ist eine der einzigen Zeugen aus der Jungsteinzeit, die wir in Europa haben. Es geht uns darum zu lernen, warum sie so lange konserviert bleiben konnte und auch, wie sie am besten weiter aufbewahrt werden kann. Denn heute ist noch kaum absehbar, was die Wissenschaft in 100 Jahren damit machen wird können», erklärt Studienleiter Robert Stark vom Departement für Geo- und Umweltwissenschaften.
Die Forscher nahmen Strukturproteine von Ötzis Bindegewebes, sogenannte Kollagene, genauer unter die Lupe. Ihnen standen dafür drei fünf mal fünf Millimeter grosse Hautstücke der Mumie zum Test zur Verfügung, die sie mit frischem Hautgewebe eines Mannes verglichen, der etwa dasselbe Alter hatte wie der Eismensch bei seinem Tod. Unter dem Rasterkraftmikroskop zeigte sich ein identisches Bänderungsmuster in beiden Proben. Auch der Aufbau der Kollagenmoleküle - diesmal mit der Raman-Spektroskopie untersucht - war noch derselbe.
Kein ausgiebiges Sonnenbad
Aus dem Zustand der Kollagene können die Forscher einiges rückleiten. Das Kennzeichen dieser Proteine ist die lange, seilartige Verdrehung der Molekülketten in Form einer Tripelhelix, deren Stränge untereinander durch Wasserstoffbrücken verbunden sind. «Durch Wasserverlust werden diese Verbindungen geschwächt oder reversibel getrennt, wohingegen eine lange Einwirkung durch UV-Strahlen eine irreversible Zerstörung auslöst», erklärt Stark. Das sei jedoch bei den Ötzi-Kollagenen nicht der Fall gewesen. «Man kann somit ausschliessen, dass die Mumie über lange Zeit unbedeckt war», so der Forscher.
Einzig an Elastizität konnten die Mumien-Kollagenfasern nicht ganz mit dem frischen Gewebe mithalten. Die höhere Steifigkeit dürfte laut ihrer Ansicht auf die Austrocknung zurückgehen. «Weitere Untersuchung sollen genetische Unterschiede zu den heutigen in der Region lebenden Menschen feststellen», so Stark. Geklärt werden soll auch, ob das Bindegewebe auf Molekülebene irgendwelche anatomische Veränderungen zu jenem von heute lebenden Menschen aufweist.
tri (Quelle: pte)
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