Sonntag, 28. Dezember 2008 / 17:56:18
Bush muss sein Image aufpolieren
Washington - Ein grösserer Bruch in der Lebensführung ist kaum vorstellbar. Acht Jahre lang wurde jeder Schritt und jedes Wort von George W. und Laura Bush mitverfolgt.
Am 20. Januar verlässt das Ehepaar Bush Washington und reist ins heimische Texas zurück.
Sie werden dazu zum letzten Mal in das Präsidentenflugzeug «Air Force One» steigen. Bush, der mit Zustimmungswerten unter 30 Prozent so unpopulär ist wie kaum einer seiner Vorgänger, will sich nach Ende seiner Amtszeit als US-Präsident weitgehend aus der Öffentlichkeit zurückziehen.
Zu seinen Langzeitprojekten im Ruhestand zählt, den Makel des Scheiterns loszuwerden und seine Politik nachträglich zu rechtfertigen.
Zurück in den Alltag
In einer Serie von Interviews hat Bush in den vergangenen Wochen über seine Zukunftspläne Auskunft gegeben. Er präsentierte sich als Mann, der mit sich selbst im Reinen ist. «Ich will keine Aufmerksamkeit mehr erregen», sagte er dem TV-Sender ABC. «Ich will eine Weile ausserhalb des Scheinwerferlichts leben.»
Seine Frau Laura pflichtete ihm bei: «Ich freue mich auf ein normaleres Alltagsleben.» Dem politischen Haifischbecken Washington kehren die Bushs den Rücken: In der texanische Metropole Dallas kauften sie sich eine Villa, ihre rustikale Ranch im Dörfchen Crawford liegt ganz in der Nähe.
Die historischen Vorbilder für den Wechsel in den Ruhestand fallen sehr unterschiedlich aus. Populäre Präsidenten wie Bill Clinton oder Ronald Reagan waren nach dem Ende ihrer Amtszeit Publikumslieblinge und gefragte Gastredner.
Gescheiterte Amtsinhaber wie etwa Jimmy Carter oder der Vietnamkriegs-Präsident Lyndon B. Johnson mussten erfahren, dass sie nach dem Abschied aus dem Weissen Haus in die Isolation stürzten, weil sie zunächst vom politischen Establishment geschnitten wurden. Bush weiss, dass er zur letzteren Kategorie zählen dürfte.
Bush sieht sich als Befreier
Mit einem Buch über seine Regierungszeit will Bush im Ruhestand sein Image aufpolieren. «Ich will, dass die Leute wissen, warum ich manche meiner Entscheidungen getroffen habe», sagte er dem Sender CNN. «Ich will, dass die Leute die Wahrheit wissen.»
Die Millionen von Dokumenten aus seiner Amtszeit will Bush in einer Präsidentenbibliothek auf einem Universitätscampus in Dallas archivieren lassen, in einem «Freiheitsinstitut» (Freedom Institute) sollen Wissenschafter dort über sein aussenpolitisches Kernanliegen forschen, die Demokratisierung autoritärer Staaten.
Hier sieht Bush sein Vermächtnis, das freilich durch den von Planungspannen und Fehlkalkulationen begleiteten Irak-Krieg schwer belastet wird. Angesichts der Irak-Bürde scheint Bushs Erwartung an das Urteil der Nachwelt sehr optimistisch.
«Ich möchte als Präsident in Erinnerung bleiben, der 50 Millionen Menschen befreit hat und Frieden erreicht hat», sagte er kürzlich in einem Gespräch mit Historikern der Kongress-Bibliothek mit Bezug auf den Irak und Afghanistan.
Kein eigenes Verschulden
Dass der Irak-Krieg nicht nach seinen Vorstellungen verlief, gibt Bush zu. Schuldzuweisungen an sich selbst vermeidet er aber. Vielmehr beschuldigt er die US-Nachrichtendiensten. Sie hätten ihn fehlerhaft über irakische Massenvernichtungswaffen informiert.
Die inzwischen von allen Seiten erhobene beissende Kritik an seiner Amtsführung perlt offenbar an Bush ab. Keine Spur von Reue oder Zweifeln ist erkennbar. Er sei sich selber treu geblieben und verlasse Washington mit denselben Wertvorstellungen mit denen er gekommen sei, sagt er in Abschiedsinterviews.
von Peter Wütherich (Quelle: sda)
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