Donnerstag, 11. Dezember 2008 / 12:27:37
Nach der Wahl ist vor der Wahl - SVP will SP-Sitz haben
Bern - Auch nach der Wahl von Ueli Maurer ist die SVP als wählerstärkste Partei im Bundesrat noch untervertreten. Dies will Parteipräsident Toni Brunner so bald wie möglich ändern - wenn nötig auf Kosten der SP.
«Es gibt keinen plausiblen Grund, warum die SP zwei Sitze im Bundesrat haben sollte, die SVP aber nur einen», sagte er am Donnerstag auf Anfrage der Nachrichtenagentur SDA. Sollten Moritz Leuenberger oder Micheline Calmy-Rey während der Legislatur zurücktreten, wäre eine SVP-Kandidatur für Brunner «mehr als nur eine Option».
Nach der Bundesratswahl vom Mittwoch sieht er ohnehin keinen Grund zur Milde: Die SP-Vertreter hätten den offiziellen Kandidaten der SVP keine einzige Stimme gegeben. Damit habe die Partei gezeigt, dass sie an der Konkordanz nicht mehr interessiert sei. «Offenbar liebäugelt sie mit einem anderen politischen System», sagte Brunner.
Gespräche mit CVP und FDP
Die SVP dagegen stehe zur Konkordanz - zur numerischen Konkordanz, wie der Parteipräsident präzisiert. Spätestens nach der Gesamterneuerungswahl 2011 will die SVP wieder zwei Vertreter in der Regierung. Im Hinblick auf eine Vakanz während der Legislatur sucht Brunner nun das Gespräch mit CVP und FDP. Auf diese ist er nämlich zur Durchsetzung der SVP-Doppelvertretung angewiesen.
Die Frage, ob seine Partei auch auf einen frei werdenden Sitz der FDP Anspruch erheben würde, beantwortet Brunner denn auch ausweichend. Oberstes Ziel sei die Herstellung der numerischen Konkordanz, sagte er.
Beim Freisinn ist man sich dieser Position durchaus bewusst: Die SVP werde sich gut überlegen müssen, «ob sie ausgerechnet den Sitz der FDP angreifen will», sagte Fraktionschefin Gabi Huber auf Anfrage.
Aber nicht nur die SVP könnte die FDP in Schwierigkeiten bringen: Es sei denkbar, dass die CVP bei einer FDP-Vakanz einen eigenen Kandidaten präsentiere, sagte Parteipräsident Christophe Darbellay auf Anfrage.
Spätestens aber bei der Gesamterneuerungswahl 2011 will die CVP für eine Doppelvertretung in den Ring steigen. Mit der Unterstützung von Links-Grün darf sie sich durchaus Chancen ausrechnen, bringt sie doch auch ohne die Fraktionslosen mehr Stimmen zusammen als FDP und SVP.
Levrat macht Trumpf
Selbst unter dem Druck der SVP mischt die SP im ständigen Wahlpoker damit als Königsmacherin mit. Entsprechend gelassen reagiert Parteipräsident Christian Levrat auf die Drohung Brunners. Diese liessen ihn kalt, sagte er auf Anfrage. Zwei SVP-Vertreter hätten am Mittwoch das Rennen unter sich ausgemacht, und der SVP-Präsident könne sich auch über das Resultat nicht beklagen.
Falls ein SP-Sitz im Bundesrat frei werde, präsentiere die SP dem Parlament eine echte Auswahl. Für den Fall, dass ein Bundesrat der FDP zurücktritt, hält sich Levrat noch alle Optionen offen. Es sei noch nicht entschieden, wen die SP in diesem Fall unterstützen würde, sagte er.
Sophie Alix und Nicolas Hehl (Quelle: sda)
Artikel per E-Mail versenden
Druckversion anzeigen
Newsfeed abonnieren
In Verbindung stehende Artikel:
SVP bleibt mit einem Bein in der Opposition
Freitag, 12. Dezember 2008 / 11:13:29