Montag, 8. Dezember 2008 / 08:24:21
Optimierungspotenzial im Umgang mit Risiken
Zürich - Schweizer Spitäler verfolgen unterschiedliche Ansätze, um die Patientensicherheit zu gewährleisten. Ein systematisches klinisches Risikomanagement fehlt jedoch vielerorts. Dies geht aus einer Umfrage hervor, die ein Forschungsteam der ETH Zürich und der Hochschule Luzern/Wirtschaft erstmals schweizweit in Spitälern durchgeführt hat.
Internationale Studien zeigen, dass etwa die Hälfte aller unerwünschten Ereignisse in der Patientenversorgung potenziell vermeidbar ist. Ein systematisches klinisches Risikomanagement befähigt Spitäler, Risiken der Patientenversorgung zu erkennen, zu reduzieren und zu bewältigen, bevor Patienten zu Schaden kommen.
Daten entscheidend
Bisher lagen weder für die Schweiz noch international Daten vor, wie Spitäler klinisches Risikomanagement umsetzen. Solche Informationen sind jedoch entscheidend für die optimale Unterstützung von Spitälern sowie für die Vernetzung und die Koordination der Aktivitäten zur Erhöhung der Patientensicherheit. Dies gilt insbesondere für die Schweiz, wo es im internationalen Vergleich wenige Vorgaben auf Bundesebene gibt. Erstmals wurden schweizweit in den Spitälern die für klinisches Risikomanagement verantwortlichen Personen befragt.
Systematisierung gefordert
Die Ergebnisse der Befragung bilden den aktuellen Stand sowie die geplanten Entwicklungen im klinischen Risikomanagement ab – zumindest in den 43 Prozent der Schweizer Spitäler, die sich beteiligt haben. Schweizer Spitäler setzen ein breites Spektrum von Massnahmen zur Erhöhung der Patientensicherheit um, sind hierbei jedoch häufig reaktiv; das heisst, potenzielle Risiken von Behandlungsprozessen werden selten systematisch und vorausschauend identifiziert und analysiert. Ein klinisches Risikomanagement, das präventive Elemente integriert sowie die Koordination über die verschiedenen Fachbereiche und Berufsgruppen sicher stellt, ist vielerorts noch keine etablierte Praxis.
Entsprechend sehen die Verantwortlichen für klinisches Risikomanagement Optimierungspotenziale hinsichtlich der Systematisierung, der strategischen Verankerung und der stärkeren proaktiven Ausrichtung. Dr. Tanja Manser, Studienleiterin an der ETH Zürich, hebt hervor, dass vor allem grössere Spitäler und Spitalverbünde häufig vor der Herausforderung stehen, eine Balance zu finden zwischen zentraler Koordination durch systematisches Risikomanagement und der Integration lokaler Initiativen zur Erhöhung der Patientensicherheit.
Eindeutig lohnenswert
«Wenn man nebst den persönlichen Schicksalen die volkswirtschaftlichen Kosten von unerwünschten Behandlungsereignissen betrachtet, lohnen sich Investitionen ins klinische Risikomanagement eindeutig. Entsprechend sind Bund und Kantone gefordert, gesetzliche Vorgaben und geeignete Massnahmenpakete zu erarbeiten und deren Umsetzung in der Praxis zu unterstützen», erklärt Oliver Kessler, Studienleiter an der Hochschule Luzern. Professor Theo Wehner, Leiter des Zentrums für Organisations- und Arbeitswissenschaften der ETH Zürich, betont, dass die Schweiz in der Förderung der Patientensicherheit einen eigenen Weg finden und gehen sollte. Dafür gibt es sowohl international als auch in anderen Hoch-Risiko-Industrien innerhalb der Schweiz verschiedene Konzepte, an denen man sich orientieren kann.
Regelmässige Befragung geplant
Für die erstmalige nationale Erhebung entwickelte das Forscherteam ein Instrument zum Monitoring des klinischen Risikomanagements. Dieses Instrument hat in der Praxis mehrheitlich positive Resonanz und eine Sensibilisierung für Fragen des klinischen Risikomanagements ausgelöst. Derartige Befragungen sollen in Zukunft in regelmässigen Abständen wiederholt werden. Dies ist eine wichtige Massnahme, um das Bewusstsein für ein vorausschauendes, systematisches Risikomanagement zu fördern und Spitäler in der kontinuierlichen Weiterentwicklung zu unterstützen.
rok (Quelle: KMU Magazin)
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