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Mittwoch, 31. Januar 2001 / 11:46:59
Lockerbie-Urteile: Die Rolle des Schweizer Zeugen
Camp Zeist - Der Schweizer Zeuge im Lockerbie-Prozess, Edwin
Bollier, ist im Verlauf des Prozesses mehrmals als unglaubwürdig
bezeichnet worden. Kronanwalt Bill Taylor bezeichnete
den Schweizer Geschäftsmann in seinem Schlussplädoyer als
«geldgierigen Fantasten».
Laut der Anklage hat ein Timer der Zürcher Firma
Mebo die Sprengladung an Bord der Pan-Am-Maschine gezündet.
Erst Mitte Januar wurde die Glaubwürdigkeit des Mebo-Chefs in
Camp Zeist in Frage gestellt:
Informationen zurückgehalten
Bollier habe die Zünder-Lieferungen seiner Firma an den früheren
ostdeutschen Geheimdienst 1993 erst zugegeben, als er habe annehmen
müssen, dass dies den deutschen Behörden bereits bekannt sei. Die
Stasi stand damals im Verdacht, radikale palästinensische Gruppen
zu unterstützen.
Zuvor habe Bollier die Aufmerksamkeit auf Libyen lenken wollen,
indem er andere Käufer ausgeschlossen habe, machte Taylor geltend.
Damit wies er implizit auf vier Millionen Dollar hin, welche die US-
Behörden als Prämie für Hinweise auf die Täterschaft ausgesetzt
hatten.
Bereits Anfang Januar hatte Staatsanwalt Alastair Campbell in
Camp Zeist den «unklaren und zusammenhanglosen Charakter» von
Bolliers Zeugenaussage unterstrichen und die Vermutung geäussert,
dessen Aussage erkläre sich durch eigene Interessen. Ende Juni 2000
hatte ein weiterer Staatsanwalt auf Ungereimtheiten in Bolliers
Aussagen hingewiesen.
Anschuldigungen zurückgewiesen
Bollier wies die Anschuldigungen gegenüber der
Nachrichtenagentur sda stets zurück. Er habe weder Informationen
zurückgehalten, um an eine Entschädigung zu gelangen, noch habe er
gelogen, beteuerte der Schweizer Geschäftsmann. Bollier hielt stets
daran fest, dass ein gefälschtes Bruchstück eines angeblich von der
Mebo hergestellten Timers als Beweismaterial verwendet wurde.
Die Schweiz hat den schottischen Behörden mehrere Male
Rechtshilfe geleistet. Eine zudem seit Anfang März laufende
Untersuchung wegen Verdachts auf Sprengstoffdelikte und Verstösse
gegen das Kriegsmaterialgesetz gegen unbekannt sei immer noch im
Gang, sagte Untersuchungsrichterin Monique Saudan am Mittwoch auf
Anfrage. Ob es dabei um die Firma Mebo geht, wollte Saudan nicht
sagen.
bb (Quelle: sda)
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