Mittwoch, 1. Oktober 2008 / 16:45:00
British Telecom testet Spion-Werbesystem
London - Nachdem das heftig umstrittene Online-Tracking-Werbesystem Phorm vor kurzem von der britischen Regierung als «legal» erklärt worden ist, plant die British Telecom (BT) nun einen neuerlichen Testlauf in Grossbritannien.
Wie die BBC berichtet, soll ab heute, Dienstag, eine erste Gruppe von BT-Kunden dazu eingeladen werden, die neue Werbetechnologie per «opt in»-Verfahren zu testen.
Die bisherige Praxis, Testläufe ohne die ausdrückliche Zustimmung der Nutzer durchzuführen, hatte nach ihrem Bekanntwerden in der Vergangenheit eine wahre Protestwelle bei Datenschutzorganisationen ausgelöst.
Der aktuelle, dritte Test ist der erste, der von den verantwortlichen Unternehmen auch offiziell angekündigt worden ist. Ziel des neuerlichen Probelaufs ist es laut BT-Angaben, den sinnvollsten und effektivsten Einsatz des Phorm-Systems im praktischen Alltag zu ermitteln.
«opt out»-Option für sofortigen Ausstieg
«Wenn der aktuell gestartete Testlauf unseren Erwartungen entsprechend verläuft, werden wir Phorm auf unsere gesamte Breitband-Kundenbasis ausweiten», zitiert die BBC einen BT-Sprecher. Geplant sei eine vorläufige Testdauer von mindestens vier Wochen. «Wir hoffen, dass rund 10'000 Kunden unsere Einladung annehmen werden», ergänzt der Sprecher.
Für die Nutzer bestehe im Rahmen des Tests zu jeder Zeit die Möglichkeit per «opt out» auszusteigen. Eine eigens für die Probephase eingerichtete Startseite soll den Teilnehmern zudem nützliche Zusatzinformationen zum Projekt geben und die wichtigsten Fragen beantworten.
«Ob nach der Öffnung des Systems für alle Kunden auch weiterhin eine 'opt in'-Möglichkeit besteht, ist gegenwärtig noch nicht endgültig entschieden», räumt der Sprecher ein. Es stehe aber schon jetzt fest, dass es eine «opt out»-Möglichkeit geben werde, die Kunden zu jeder Zeit einen Ausstieg aus dem Tracking-System erlaubt.
Kritisch Konsumenten
Mit Hilfe von Phorm lassen sich alle besuchten Seiten der Providerkunden analysieren, um aus den so ermittelten Daten ein detailliertes Interessensprofil der Nutzer zu erstellen. So kann den Nutzern auf allen Seiten, die sie besuchen, massgeschneiderte Werbung gezeigt werden.
Dieses sogenannte «Behavioral targeting»-Verfahren wird in der Werbebranche zunehmend populärer. Werbetreibende, die auf diesen Ansatz setzen, sollten sich aber darüber im Klaren sein, dass Konsumenten dieser Methode äusserst kritisch gegenüberstehen.
«Prinzipiell wollen sie zwar Werbung, die auf ihre persönlichen Bedürfnisse und Interessen zugeschnitten ist. Was die hierfür notwenige Erhebungsmethode betrifft, sind sie aber überaus kritisch», heisst es etwa in einem kürzlich vorgelegten Bericht des Marktforschungsunternehmens eMarketer. Lediglich 23 Prozent der US-Bürger hätten kein Problem mit einer derartigen Vorgehensweise.
Gängige Methode
«Im Grunde sind solche Ansätze heute nichts Neues mehr», meint Volker Nickel vom Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft und verweist auf die Auswertung von Nutzerdaten bei einzelnen Suchmaschinenanbietern. Dass derartige Systeme für die Werbebranche zunehmend relevanter werden, sei kein Geheimnis.
«Durch solche Ansätze können Werbetreibende die bisher öfter vorgekommene, für sie unangenehm kostspielige Fehlstreuung ihrer Werbebotschaften einschränken», erklärt Nickel. «Die Bereitschaft der Konsumenten, an einem solchen System teilzunehmen, ist gegenwärtig aber nur sehr eingeschränkt gegeben», so Nickel abschliessend.
bert (Quelle: pte)
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