Freitag, 18. Juli 2008 / 23:51:26
Treffen USA-Iran weckt Hoffnungen
Washington - Die Zeit der Sprachlosigkeit ist vorbei. Am Samstag werden sich erstmals wieder hochrangige Vertreter der USA und des Iran in Genf gegenübersitzen, um über den brisanten Streit um das Atomprogramm der islamischen Republik zu sprechen.
Für die Regierung von US-Präsident George W. Bush bedeutet dies eine verblüffende Abkehr von ihrer bisherigen Politik der Kontaktverweigerung. Die diplomatischen Kanäle zwischen Washington und Teheran waren seit der Islamischen Revolution vor fast 30 Jahren praktisch verstummt.
Die Reise von Aussenstaatssekretär William Burns nach Genf ist auch ein Signal, dass ein baldiger Waffengang am Golf in Washington doch nicht gewünscht ist. Und sie ist wohl auch das Eingeständnis, dass die bisherige Linie nicht funktionierte.
Neue Iran-Taktik
Die USA setzten auf eine «neue Taktik» gegenüber dem Iran, gibt Sean McCormack, der Sprecher von US-Aussenministerin Condoleezza Rice, unumwunden zu. Unabhängige Beobachter formulieren es drastischer. «Für die Bush-Regierung ist das ein dramatischer Kurswechsel», urteilt der Washingtoner Rüstungsexperte Joseph Cirincione vom Institut Ploughshare Fund.
«Es ähnelt der Kehrtwende 2006 im Verhältnis zu Nordkorea.» Ohne Blick auf Nordkorea ist der Schwenk in Washingtons Iran-Politik nicht zu verstehen - und dieser Blick gibt auch eine Vorstellung davon, welche Lösung die USA im Atomstreit mit dem Iran anstreben könnten.
Vorbild Nordkorea
Erschrocken vom ersten Atomwaffentest Nordkoreas hatte die Regierung Bush im Herbst 2006 ihre Politik der Gesprächsverweigerung gegenüber Pjöngjang aufgegeben und war in internationale Verhandlungen eingetreten.
Das ebnete den Weg zu einer Erkenntnis, die Washington nun auf andere Länder anwenden könnte, sagt Cirincione. «Als sie dann doch mit Nordkorea sprachen, führte dies zu dem Durchbruch, der nun möglicherweise dauerhaft Nordkoreas Atomprogramm umkehrt.»
Direktkontakte können helfen
Die Erkenntnis aus den jahrelangen Verhandlungen mit Nordkorea liess sich in einigen Worten zusammenfassen: Es kann eben doch helfen, mit dem Gegner zu sprechen. Dabei war es genau jene Diplomatie nach dem mühseligen Prinzip von Zuckerbrot und Peitsche, die Bush verteufelte, als er 2002 den einprägsamen Begriff von der «Achse des Bösen» in die Welt setzte.
Darauf reihte er den Iran, Nordkorea und den Irak unter Saddam Hussein ein - allesamt Regierungen, mit denen die USA nicht verhandeln, sondern deren Sturz sie erwirken sollten.
Peitsche ja, Zuckerbrot nein, das war die Maxime. Doch die «Achse des Bösen» führte ins Nichts: Nordkorea bastelte unter den Augen der Welt seinen ersten Atomsprengsatz zusammen, Iran liess sich nicht von der Urananreicherung abbringen. Mangels diplomatischer Kontakte verfügten die USA kaum über Einflussmöglichkeiten.
Alte Vorbedingung gefallen
Mit der Reise von Burns lassen die USA ihre alte Vorbedingung fallen, der Iran müsse vor Gesprächen erst seine Urananreicherung aussetzen. «Auf Vorbedingungen zu bestehen, war absolut unproduktiv und hat die Sache nur noch schlimmer gemacht», sagt Trita Parsi, Präsident des Iranisch-Amerkanischen Nationalrats in den USA.
Suzanne Maloney vom Brookings-Institut analysiert, mit ihrer bisherigen Haltung hätten sich die USA selber die Hände gebunden. «Es ist ein grosser Fortschritt, direkte Kontakte mit einem iranischen Diplomaten zu haben.»
von Lachlan Carmichael, AFP (Quelle: sda)
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