Sonntag, 13. Juli 2008 / 14:01:50
Tokio Hotel in Genf über dem Handy-Lichtermeer
Genf - Die deutsche Rockband Tokio Hotel hat am Samstag in Genf eines ihrer letzten Europakonzerte in diesem Jahr gegeben. Die vier Jungs aus Deutschland begeisterten in der Arena während 90 Minuten zehntausend Fans, zur grossen Mehrheit Jugendliche und Kinder.
Es ist kurz nach sieben Uhr am Samstagabend. Vor dem Genfer Konzertlokal Arena schippen Müllmänner haufenweise Unrat zusammen.
Auf diesem Platz haben während einer Woche Dutzende von eingefleischten Tokio-Hotel-Fans campiert, mit dem Ziel, beim Konzert ganz vorne dabei sein zu können. Jetzt stehen sie ungeduldig vor der Bühne.
Die Luft ist stickig und von Himbeergeruch durchzogen. Auf dem Balkon sitzen viele Kinder in Begleitung ihrer Eltern. Eine Mutter aus Lausanne hat für ihre 9-jährige Tochter und den 12-jährigen Sohn Tickets erstanden. Sie selbst sei auf die Band aufmerksam geworden.
Düstere Texte - origineller Look
«Der Look von Bill Kaulitz gefällt mir», sagt sie, während die Kleinen eifrig diskutieren, ab welcher Schulklasse sie Deutschunterricht haben werden. «Die Texte sind schon etwas düster», gibt die Mutter zu bedenken.
Um halb acht wird es in der Arena auf einen Schlag dunkel. Im Saal kreischen die Fans. Ein Handy-Lichtermeer erstrahlt vor der Bühne. Die ersten Akkorde erklingen. Ein Aufschrei geht durchs Publikum. Vorhang auf für die deutschen Jungs. Die Fans kreischen noch lauter. «Ich brech aus», rockt Tokio Hotel los.
Wenig später entledigt sich Sänger Bill Kaulitz seiner Jacke und steht nun da in schwarzer Röhrenhose, rotem Shirt mit einem grossen silbrigen Engel darauf. Über die Leinwand am Bühnenhintergrund ziehen Bilder von Wolken, ein historischer Bahnwaggon.
Die Clips sind gut gemacht. Nach den ersten drei Songs erkundigt sich Bill nach dem Befinden der Menge: «Wie gehts euch?» Zur Antwort fliegen Teddy-Bären auf die Bühne.
Das aller-allerbeste
Gradlinig, mit Freude am Spiel rocken die Vier durchs Programm, lassen sich aber musikalisch kaum auf Experimente ein. Den Unterschied für die Fans machen die Texte, die im Internet längst in Spanischer, Italienischer oder Französischer Version nachzulesen sind.
Wohltuend ist der Kontrast zwischen Sänger Bills düsterem Look, seiner schwarzen Mähne und den schwarz umrandeten Augen und seinem befreiten natürlichen Lachen. Seinem gezeigten Erstaunen über den eigenen Erfolg. «Einer wie ihn gibt es sonst nicht», sagen die Fans.
«Das ist das aller-allerbeste, was uns passierten konnte. Rumreisen und in all den Städten sein zu können, dank Euch!», sagt Bill, die Halle antwortet mit Jubel. Dann dröhnt die Band weiter, einmal härter, einmal weniger hart, und Bill Kaulitz bringt seine Botschaft an die Heranwachsenden.
Etwa wenn er in «Schwarz» singt: «Der Blick zurück ist schwarz und vor uns liegt die Nacht, es gibt kein zurück, zum Glück». Das Publikum singt mit. Nach fünf Viertelstunden gibt es den Hit «Durch den Monsun». «Diesem Song haben wir alles zu verdanken», sagt Bill. 2005 gelang der Band damit der Durchbruch.
Zugabe mit der Akustik-Gitarre
Für die Zugaben setzen sich Tom und Bill auf Hockern vorne auf die Bühne. Tom mit der Akustik-Gitarre unterm Arm. Und die beiden Brüder zeigen nochmals, dass ihnen Musik machen wirklich Spass macht. Auch lässt der Sound hier endlich Bills Stimme etwas mehr Raum, als es der harte Rockteppich zuvor tat. «Rette mich» singt Bill.
Nach «An deiner Seite» ist Schluss
Zufrieden entspannte Gesichter auf der Heimfahrt im Zug. Auf Handys und Fotoapparaten sind die Trophäen gespeichert. Stolz führen die jungen Frauen ihre Konzertmitschnitte vor. Viele werden davon zehren bis zum nächsten Mal.
von Ursina Trautmann (Quelle: sda)
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