Donnerstag, 22. Mai 2008 / 07:33:27
Saakaschwili erklärt seine Partei zur Wahlsiegerin
Tiflis - In Georgien hat die Partei des prowestlichen Präsidenten Michail Saakaschwili die Parlamentswahl nach offiziellen Angaben mit deutlicher Mehrheit gewonnen. Die Opposition warf den Behörden Betrug vor.
Nach Auszählung von 40 Prozent der Wahlzettel lag die Vereinte Nationale Bewegung bei 64 Prozent der Stimmen, wie die Wahlkommission am Donnerstag in Tiflis mitteilte.
Mit im Parlament vertreten sein werden der Vereinte Oppositionsblock um den Saakaschwili-Gegner Lewan Gatschetschiladse, die neue Christlich-Demokratische Bewegung sowie die linksgerichtete Arbeiterpartei. Die Wahlbeteiligung lag mit 55 Prozent deutlich unter der Quote von 2004 (64 Prozent).
Ungeachtet des noch ausstehenden Endergebnisses erklärte Saakaschwili den Sieg seiner Partei, die ihre bisherige Zweidrittelmehrheit allem Anschein nach verteidigen konnte. Er erklärte die Wahl für «frei und fair». Der Präsident will Georgien in die EU und die NATO führen.
OSZE zufrieden mit Vorbehalt
Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) zeigte sich am Donnerstag in Tiflis weitgehend zufrieden mit dem Wahlverlauf. «Im Grossen und Ganzen» seien internationale Standards eingehalten worden.
Zugleich wurden aber auch zahlreiche Einschüchterungsversuche durch den Staatsapparat sowie Unregelmässigkeiten bei der Auszählung beanstandet. «Diese Wahl war nicht perfekt. Allerdings sehe ich konkrete und wesentliche Fortschritte im Vergleich zur Präsidentenwahl vom Januar», sagte der Koordinator der 500-köpfigen Beobachterdelegation, Joao Soares, nach OSZE-Angaben.
Wahlwillige verletzt
Die von Russland unterstützten abtrünnigen Gebiete Abchasien und Südossetien boykottierten wie in der Vergangenheit die Wahl. In Abchasien ereigneten sich nach georgischen Angaben am Wahltag Explosionen in zwei Bussen mit Wählern, die zur Abstimmung abchasisches Gebiet verlassen wollten. Dabei wurden mehrere Menschen verletzt.
Die georgischen Behörden warfen der Führung in Abchasien vor, sie habe Angehörige der georgischen Minderheit an der Abstimmung hindern wollen. Die Abchasen wiesen die Vorwürfe zurück.
Opposition erhebt Vorwürfe
Die Opposition warf den Behörden erneut schweren Wahlbetrug vor. «Diese Wahlen hatten mit Freiheit und Gerechtigkeit nichts gemeinsam», sagte der Führer der Partei der Neuen Rechte, David Gamkrelidse, die zum Rat der geeinten Opposition zählt. «Die Opposition hat diese Wahlen gewonnen.»
Einer Demonstration in der Nacht zum Donnerstag schlossen sich nur etwa tausend Menschen an. Für die kommenden Tage kündigte die Opposition weitere Kundgebungen gegen die Regierung an.
Langer Machtkampf
Der Machtkampf in Tiflis zieht sich schon seit einigen Jahren hin. Ende 2003 übernahm Saakaschwili nach der friedlichen Rosenrevolution gegen den pro-russischen Staatschef Eduard Schewardnadse das Präsidentenamt.
Im vergangenen November verhängte er einen neuntägigen Ausnahmezustand, nachdem zehntausende Menschen tagelang gegen ihn demonstriert hatten.
Bei den vorgezogenen Präsidentschaftswahlen im Januar wurde Saakaschwili dann im Amt bestätigt, die Opposition beschuldigte ihn aber der Wahlfälschung. Erneut gingen zehntausende Menschen auf die Strasse.
fest (Quelle: sda)
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