Sonntag, 2. März 2008 / 09:22:55
Prinz Harry: Heldenmut oder Kriegspropaganda?
London - Vor wenigen Wochen erschien er vielen noch als blaublütiger Playboy mit Hang zum exzessiven Alkoholkonsum - heute ist er ein Kriegsheld mit Glamourfaktor. Bei seiner vorzeitigen Rückkehr aus Afghanistan wurde Prinz Harry von der Öffentlichkeit wie ein verlorener Sohn gefeiert.
Doch die schier zahllosen Bilder eines fröhlichen Prinzen hinterm Maschinengewehr, der sich ganz offensichtlich für den Kampf begeistert, haben in der allgemeinen Jubelstimmung auch Kritiker auf den Plan gerufen. Dies sei ein Krieg, keine Therapie für einen Prinzen auf der Suche nach Normalität, mahnte die Zeitung «Guardian».
Von diesen - vergleichsweise leisen - Stimmen bekam der 23-Jährige zunächst nichts mit: Zusammen mit Kameraden entstieg er am Samstagmittag mit zerzaustem Haar und im Tarnanzug dem Truppen- Transportflugzeug auf dem Stützpunkt der Luftwaffe in Brize Norton westlich von London, bevor ihn sein Vater Prinz Charles sowie sein Bruder William empfingen.
«Kein Held»
Die Enttäuschung, dass ihn das Militär nach zehn Wochen vorzeitig abgezogen hatte, weil Berichte über seinen Aufenthalt an die Öffentlichkeit gelangt waren, stand ihm ins Gesicht geschrieben. Die zahlreichen Presseberichte von «Harry, unserem Helden» wies er jedoch in einem Interview nach seiner Rückkehr zurück.
«Ich würde sagen, dass ich ganz und gar kein Held bin», bekundete der Unterleutnant vom Gardekavallerieregiment «Blues and Royals». Zwei schwerverletzte Soldaten, von denen einer einen Arm und ein Bein bei einer Explosion einer Landmine verloren hatte, seien mit ihm im Flugzeug nach Hause gewesen. «Sie sind Helden.»
PR für Regierung
Die Armee kann sich derweil über gute PR freuen. «Ich denke, das ist gut für ihn, ich denke, das ist gut für das Königshaus und mit Sicherheit ist es gut für die Armee», sagte Generalstabschef Sir Richard Dannatt. «Es ist gut, der Nation zu zeigen, dass hochrangige Leute das Risiko genauso tragen wie die 7800 Soldaten in Afghanistan und die 3500, die wir im Irak haben.»
PR kann auch die britische Regierung gut gebrauchen. Denn der Einsatz der Briten in Afghanistan gilt seit langem als Problem und Berater warnen regelmässig davor, dass das Land am Hindukusch am Rande des Abgrunds steht.
Gefahr der Verhamlosung
Deshalb stossen die Bilder des Prinzen, der sich unter die «normalen» Soldaten mischt, mit ihnen Dosenessen löffelt und mit einem Motorrad durch die karge Landschaft Afghanistans braust, nicht überall nur auf Bewunderung.
Die Armee benutze Harrys Tour, um die Mission in Afghanistan zu legitimieren und populärer zu machen, kritisiert etwa der «Guardian». Die Geschichte lenke von den Problemen vor Ort ab. «Die Rolle des Prinzen ist ein Nebenschauplatz in einem Konflikt mit finsterer Zukunft.»
Lust auf ein Bad
Harry selber sah sich kurz nach seiner Rückkehr bereits wieder mit altbekannten Dingen und einem Haufen Journalisten konfrontiert. Er habe gehofft, bis zum regulären Ende seiner Dienstzeit bei der Truppe und seinen Kameraden bleiben zu können, sagte er der britischen Sonntagpresse.
«Aber jetzt bin ich wieder hier und ich gebe tief in mir drin zu, es ist ganz nett.» Er sehne sich vor allem nach einer Badewanne.
von Annette Reuther, dpa (Quelle: sda)
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