Freitag, 8. Dezember 2006 / 21:10:40
Final-Hattrick für Mirjam Ott?
Mit Ambitionen auf Medaillengewinne starten die Schweizer Meisterteams Baden Regio (Andreas Schwaller) und Flims (Mirjam Ott) zu den morgen Samstag beginnenden Curling-Europameisterschaften in Basel.
Die Flimser Curlerinnen wussten das TV-Publikum mit ihren Auftritten an den Olympischen Spielen in Turin zu begeistern. Nur das überragende schwedische Team um Skip Anette Norberg verhinderte den Schweizer Goldtriumph - mit dem allerletzten Stein im Zusatzend. Gegen Norbergs Crew hatten die Flimserinnen auch die letzten beiden EM-Finals verloren, 2004 in Sofia und vor einem Jahr in der Olympia-Hauptprobe in Garmisch.
Die Chancen auf die dritte EM-Finalteilnahme in Serie scheinen für Janine Greiner (sie nahm auf diese Saison hin den Platz der zurückgetretenen Michèle Moser als Nummer 1 ein), Valeria Spälty, Binia Feltscher-Beeli und Mirjam Ott auf den ersten Blick sehr gut zu stehen - weil die Olympiasiegerin, zweifache Weltmeisterin und fünfmalige Europameisterin Norberg in Basel nicht dabei ist.
Gleichwohl ist die Aufgabe keineswegs einfach. Schwedens Skip Camilla Johansson tritt zwar erstmals an internationalen Meisterschaften an, in ihrer Formation stehen jedoch Elisabeth Persson und Katarina Nyberg, zwei vierfache Weltmeisterinnen aus dem früheren Topteam um Skip Elisabet Gustafson.
Den weiteren Favoritenkreis bilden die Schottinnen um Rhona Martin (Olympiasiegerin 2002), die wiedererstarkten Deutschen um Andrea Schöpp und die von der zweimaligen Weltmeisterin Dordi Nordby angeführten Norwegerinnen.
Mirjam Ott selber hatte 1996 in Kopenhagen den bislang letzten EM-Titel für die Schweiz errungen - damals noch als Skip des CC Bern. Sollte ihr zehn Jahre danach ein weiterer Coup gelingen, würde der übernächste Samstag für sie zu einem wahren Freudentag. An diesem 16. Dezember steht um 9 Uhr der EM-Final in der St.-Jakob-Halle im Programm, und am Abend des gleichen Tages werden sich die 34-jährige Bernerin und ihre Mitspielerinnen an den Credit Suisse Sports Awards in Bern präsentieren, nominiert für die Wahl zum Team des Jahres im Schweizer Sport.
Schwaller und Stöckli gemeinsam
Skip Andreas Schwaller und sein innovativer Coach Roland Moser haben in den acht Jahren ihrer Zusammenarbeit schon öfters Wege eingeschlagen, die im Curling unüblich sind. An der WM 2001 in Lausanne beispielsweise verblüfften sie die Fachleute mit zahlreichen Rochaden innerhalb des Teams und liessen sich erst im Final stoppen.
Für die anstehende EM nun haben sie sich mit Ralph Stöckli verbündet. Der 36-jährige Solothurner Schwaller und der 30-jährige St. Galler Stöckli waren die besten Schweizer Skips der letzten Jahre, auf nationaler Ebene werden sie sich auch weiterhin harte Duelle liefern. In Basel werden sie auf den Positionen 3 (Stöckli) und 4 (Schwaller) ein hochkarätiges Back-End bilden.
Andreas Schwaller erläutert die ungewöhnliche Allianz: «Als Skips sind wir Rivalen, aber wir haben viel Respekt und Achtung voreinander. Im Interesse des Schweizer Curlings ist dieser Schritt sicher gut.» Stöckli war ursprünglich als (polyvalenter) Ersatzmann vorgesehen. Nachdem sich das Team aber vor ein paar Wochen von der Nummer 3 Andreas Hänni getrennt hatte, drängte sich Stöcklis Integrierung in die Stammformation geradezu auf.
Silber letztmals im 2001
Während die Schweizer Frauenteams zuletzt dreimal in Folge Silber gewannen (Luzia Ebnöther 2003, Mirjam Ott 2004 und 2005), liegt der letzte EM-Medaillengewinn eines Männerteams schon fünf Jahre zurück. Andreas Schwaller wurde 2001 in Vierumäki (Finnland) ebenfalls Zweiter; vom damaligen Biel-Touring-Team ist auch Leadspieler Damian Grichting noch dabei.
Als Topfavoriten starten die aktuellen Weltmeister aus Schottland um Skip David Murdoch. Kaum schwächer einzustufen sind die zweimaligen Europameister aus Deutschland (Sebastian Stock), die Olympia-Finalisten aus Finnland (Markku Uusipaavalniemi) sowie Norwegens Team um Thomas Ulsrud, das in diesem Herbst die Turniere der Europa-Tour dominiert hat.
Page-System-Modus
In Basel wird erstmals an Europameisterschaften bei den Männern und bei den Frauen der Page-System-Modus angewandt, wie er seit 2005 auch an den WM-Turnieren praktiziert wird. Nach Abschluss der Round Robin kommen die besten vier der zehn Teams weiter. Danach tritt der Erste gegen den Zweiten an.
Der Sieger dieses Duells gelangt direkt in den Final, der Verlierer erhält eine weitere Chance im Halbfinal gegen den Sieger aus der Partie des Dritten gegen den Vierten. Unter diesen Voraussetzungen gewinnt die Round Robin an Bedeutung. Die Spitzenteams wollen die Vorrunde unbedingt auf einer der ersten zwei Positionen abschliessen.
In der Schweiz fanden Curling-Europameisterschaften bisher ausnahmslos in Wintersport-Destinationen statt (Grindelwald 1981, 1985, 1995 und 2002, Engelberg 1989, Leukerbad 1993, Flims 1998). Das Turnier, bei welchem von den besten Nationen nur Kanada und die USA fehlen, wird nun erstmals in einer Schweizer Stadt ausgetragen.
In der St.-Jakob-Halle messen sich die je zehn Teams des A-Turniers. Derweil bestreiten die 20 Männer- und 12 Frauenteams der zweiten Stärkeklasse ihre Wettkämpfe im Curlingzentrum Arlesheim.
Die Europameister seit 1981
Ort Männer Frauen
1981 Grindelwald Schweiz (J. Tanner) Schweiz (S. Schlapbach)
1982 Kirkcaldy (Scho) Schottland (3.) Schweden (3.)
1983 Västeras (Sd) Schweiz (Biner) Schweden (3.)
1984 Morzine (Fr) Schweiz (P. Attinger) Deutschland (3.)
1985 Grindelwald Deutschland (5.) Schweiz (Landolt)
1986 Kopenhagen Schweiz (Luchsinger) Deutschland (2.)
1987 Oberstdorf (De) Schweden (3.) Deutschland (5.)
1988 Perth (Scho) Schottland (3.) Schweden (3.)
1989 Engelberg Schottland (6.) Deutschland (2.)
1990 Lillehammer (No) Schweden (5.) Norwegen (3.)
1991 Chamonix (Fr) Deutschland (3.) Deutschland (6.)
1992 Perth (Scho) Deutschland (3.) Schweden (6.)
1993 Leukerbad Norwegen (3.) Schweden (2.)
1994 Sundsvall (Sd) Schottland (2.) Dänemark (4.)
1995 Grindelwald Schottland (2.) Deutschland (7.)
1996 Kopenhagen Schottland (3.) Schweiz (Ott)
1997 Füssen Deutschland (5.) Schweden (5.)
1998 Flims Schweden (5.) Deutschland (4.)
1999 Chamonix Schottland (4.) Norwegen (3.)
2000 Oberstdorf Finnland (4.) Schweden (3.)
2001 Vierumäki (Fi) Schweden (2.) Schweden (3.)
2002 Grindelwald Deutschland (7.) Schweden (5.)
2003 Courmayeur (It) Schottland (4.) Schweden (2.)
2004 Sofia (Bul) Deutschland (7.) Schweden (2.)
2005 Garmisch (De) Norwegen (4.) Schweden (2.)
Peter Lerch (Quelle: Si)
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