Montag, 15. Mai 2006 / 00:40:42
Skandal ohne Grenzen - Champions auf der Flucht
Nach 25 Jahren kehrte Zürich auf den obersten Podiumsplatz der Schweizer Fussball-Meisterschaft zurück. Spektakulär und in letzter Minute verdrängte der jugendliche FCZ den Serienmeister Basel aus dem nationalen Mittelpunkt.
Für den militanten Teil des erfolgsverwöhnten FCB-Anhangs war das entscheidende Tor Filipescus das Signal zum gewaltsamen Sturm der Rasenfläche. Aufgehalten wurden die Schläger viel zu spät.
Minutenlang wüteten mehrere Hundert Chaoten im Stadion ungehindert. Die Zürcher Spieler flüchteten im Zickzackkurs vor den respektlosen Gewalttätern. In der Stunde ihres grössten Triumphs mussten sich die neuen Meister hinter Bereitschaftspolizisten verstecken.
Vor Augen der Kinder
Friedliche FCB-Zuschauer verfolgten die skandalösen Jagdszenen schockiert mit versteinerten Mienen. Der gesinnungslose und blindwütige Mob drängte den Sport (wieder einmal) gewaltsam an den Rand. Basler Randalierer bestimmten das Bild der Zeitungsfrontseiten, nicht die Zürcher Champions. Der Sachschaden ist mutmasslich leichter zu beheben als der Imageschaden.
Vor den Augen von Kindern, den möglichen Fussball-Konsumenten der nahen Zukunft, vor den Augen von Sponsoren, auf deren Support die Klubs angewiesen sind, endete einer der spannendsten und wichtigsten Klassiker seit Dekaden im Tumult.
Hinterher waren sich wieder einmal alle Beteiligten - die naiven und überforderten Sicherheits-Verantwortlichen, die Klub-Funktionäre, die Entscheidungsträger der Liga, etc. - einig: «Nie mehr darf das passieren!» Dumm nur, dass der letzte Platzsturm oder Brand im Stadion nicht allzu lang zurückliegt. Damals waren die gleichen blutleeren Voten zu vernehmen. Nun sind tiefgreifende Konsequenzen gefragt, keine Absichtserklärungen und Verwarnungen mehr.¨
«Bananenrepublik»
Als die Schweizer Spieler in der Türkei nach der WM-Barrage im Kabinengang attackiert worden waren, zeigten alle mit dem Finger auf die Täter am Bosporus. Nach dem Angriff der Basler Schlägertruppe stellte Meisterschütze Iulian Filipescu fest, dass er «so etwas noch nie erlebt» hat. Der Rumäne spielte früher für Galatasaray.
Zürichs Coach verglich die unmöglichen Basler Zustände mit jenen «einer Bananen-Republik». Eine Kriminalisierung dieser Horden ist endgültig unumgänglich geworden; auch in Basel. Weiter müssen die Vereine dem Faktor Sicherheit einen ganz anderen Stellenwert einräumen - und sich eben auch an den Kosten beteiligen. Politisch muss eine Grundlage geschaffen werden, Hooligans längerfristig aus dem Verkehr zu ziehen.
Sven Schoch, Si. (Quelle: Si)
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