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Freitag, 24. November 2000 / 11:12:06
Internet und Multimedia verändern Leseverhalten
Mainz - Im Zeitalter von Internet und Multimedia lesen
die Deutschen nicht viel weniger als zu Beginn der 90er Jahre, aber
oberflächlicher. Auf diese Kurzformel lässt sich eine neue Studie der Stiftung
Lesen bringen, die am Donnerstag bei einem internationalen Kongress
in Mainz vorgestellt wurde.
«Die Schere zwischen 'Lustlesern' und 'Musslesern' geht immer
weiter auseinander», fasst der Leseforscher Bodo Franzmann die
Ergebnisse der repräsentativen Untersuchung von 2350
deutschsprachigen Bundesbürgern ab 14 Jahren zusammen, die mit
einer Erhebung aus dem Jahr 1992 verglichen wurde.
Erstmals wird in der Studie der Zusammenhang zwischen der
Internet-Nutzung und dem Lesen mit Zahlen belegt. Gerade für junge
Menschen im Alter bis 29 Jahre gilt: Wer häufig im Datennetz surft,
nimmt auch gern und oft ein Buch in die Hand.
Von den jungen Computernutzern lesen 15 Prozent täglich ein
Buch, 40 Prozent geben sich mehrmals in der Woche der Lektüre hin,
elf Prozent dagegen nie. Von denjenigen, die keinen PC benutzen,
lesen nur vier Prozent täglich, aber 30 Prozent nie ein Buch. 19
Prozent gaben an, seltener als einmal im Monat ein Buch zu lesen.
Auch die Zahl der gelesenen Bücher klafft zwischen Jugendlichen,
die der «Informationselite» angehören, und den anderen
Altersgenossen stark auseinander. So lesen 33 Prozent der
Computerfreaks elf bis 20 Bücher im Jahr, neun Prozent von ihnen
sogar bis zu 50 Bücher jährlich.
Von den Nicht-PC-Nutzern liest dagegen fast die Hälfte (47
Prozent) nur ein bis fünf Bücher pro Jahr. Generell hat die
tägliche Buchlektüre in Deutschland in den vergangenen Jahren
abgenommen. Seit 1992 sank der Anteil der täglichen Leser von 16
auf sechs Prozent.
Am anderen Ende der Skala ging die Zahl der Nie-Leser nach oben:
28 Prozent aller Befragten gaben an, nie ein Buch in die Hand zu
nehmen. Vor acht Jahren waren es erst 20 Prozent. Im gleichen
Zeitraum nahm die Zahl der jährlich gelesenen Bücher zu. Auch die
Buchausstattung in den Haushalten verbesserte sich deutlich.
Werden alle diese Faktoren berücksichtigt, ergibt sich ein
anderes Bild: Die Zahl der Vielleser nahm von 25 auf 28 Prozent zu,
die der Kaum- und Wenigleser von 53 auf 45 Prozent ab. «Vielleser
sind die, die freiwillig lesen und denen es Spass macht, Wenigleser
tun es, weil sie lesen müssen», erläuterte Christiane Tullius von
der Zeitungs-Marketing-Gesellschaft.
Bei der Lektüre hält der Trend zu Sach- und Fachbüchern an. Im
Jahr 2000 gaben 41 Prozent der Befragten an, Ratgeber oder
Literatur zur Weiterbildung zu lesen, 1992 waren es 31 Prozent.
Die überraschendste Erkenntnis haben die Wissenschaftler aber
bei ihren Fragen nach den Lesestrategien gemacht: So hat die Zahl
der «Häppchen-Leser» von 18 auf 47 Prozent stark zugenommen. 19
Prozent überfliegen beim Lesen nur noch die Seiten. Von den
Jugendlichen bis 19 Jahren gab sogar fast jeder dritte an, sich nur
die interessantesten Passagen durchzulesen.
«Die Leser passen sich immer stärker an das
Informationsüberangebot in der Mediengesellschaft an», schliesst
Prof. Klaus Ring, Geschäftsführer der Stiftung Lesen, aus der
Studie.
ew (Quelle: sda)
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