Mittwoch, 27. Juli 2005 / 10:00:56
… und immer diese Bekennerschreiben
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"Freut Euch, Gemeinschaft der Muslime. Die heldenhaften Mudschahedin haben heute einen Angriff in London durchgeführt". Der Spiegel, BBC, SF DRS und viele weitere namhafte Medien publizieren wenige Stunden nach den Anschlägen in London das Bekennerschreiben.
Anscheinend hätten sie es im Internet gefunden. Einige zeigen gleich noch einen Screenshot des Schreibens. Leider immer mit verdeckter URL, so dass es mir unmöglich ist, herauszufinden, woher dieses denn nun ist.
Ich mache mich trotzdem auf die Suche. Nicht gerade einfach, wenn man kein Wort Arabisch spricht, geschweige denn einen arabischen Buchstaben schreiben kann.
Also: Eins nach dem Andern. Auf "Spiegel Online" mal nachgeschaut, wie denn nun das Schreiben genau ausschaut. Aha, da hat es ja auch Zahlen drauf – ein Datum. Glücklicherweise sogar zwei, einmal 7/7/2005 und einmal 30/5/1426. Gleich mal danach suchen.
So, jetzt weiss auch ich, dass der 7. Juli 2005 im islamischen Kalender der 30.5.1426 ist. Dazu finde ich gleich unzählige Seiten, die das Bekennerschreiben zitieren.
Stunden später - ich kenn das Schreiben schon fast auswendig – endlich ein kleiner Anhaltspunkt. Ursprünglich tauchte der Text auf der Seite qal3ah.net ("Die Burg" auf Arabisch).
Die Seite ist von einem gewissen Saad al-Faghi registriert worden. Ein saudischer Dissident, der in London lebt. Anscheinend soll er in Kontakt mit El Kaida stehen, wird verdächtigt, Mitte der Neunzigerjahre zur Unterstützung bei Bombenanschlägen auf US-Botschaften in Afrika mitgewirkt zu haben. Er sei in ständigem Kontakt mit Osama bin Laden.
Doch was finde ich da noch über ihn? Irgendwie scheint der "Krieg gegen den Terror" – fast gleich wie in der Musik und der Mode – die Ausrutscher der Neunziger allen zu verzeihen: Nach dem 11. September und den Anschlägen gegen das World Trade Center, taucht er plötzlich als "Sicherheitsexperte" und Gesprächspartner in Sachen islamischer Terrorismus in verschiedensten westlichen Medien auf.
Ein solcher Mann hat also die Seiten dieser Bekennerschreiben registriert. Aha. Immerhin hat er sich ja auch mit Adresse und Email und Telefonnummer eingetragen. Sollte doch gelacht sein, wenn bei den Milliardenausgaben im Krieg gegen den Terror hier niemand diesen al-Faghi finden kann. Dieser wüsste vielleicht mehr über die Hintermänner des Anschlags.
Oder ist das Bekennerschreiben doch nicht echt? Zumindest wird es von unzähligen seriösen Medien angezweifelt.
Sollte es jedoch echt sein, dann heisst das Folgendes: Ein äusserst bekannter Dschihadist betreibt die Webseite bei einem texanischen (!) Provider, registriert die Domains und Postadressen in England, und verschickt die Emails über einen deutschen Anbieter.
von René Roediger (Quelle: news.ch)
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