Montag, 27. Juni 2005 / 10:15:19
Was bringt Ahmadinedschad?
Eigentlich wissen wir hier nur eines: Mahmud Ahmadinedschad ist ein Hardliner. Doch was bedeutet dies für den Iran, was sagt uns seine Wahl?
So wäre es ja nicht abwegig zu denken, dass die Iranische Bevölkerung wieder zu den Zeiten Khomeinis zurückkehren will, als auch Ahmadinedschad seine Karriere als Revolutionwächter begann und angeblich auch politische Gefangene hinrichtete.
Doch dagegen spricht die Wahlbeteiligung – lediglich 49 % der Wahlberechtigten gingen an die Urnen – der neue Präsident wurde also von nicht einmal 31% der wahlberechtigten Iraner gewählt. Dies bringt vermutlich vor allem eines zum Ausdruck: Dass diese Wahl von den Wählern mehrheitlich als die Farce betrachtet wurde, die sie ja auch war. Die meisten Reformer wurden aus den Wahllisten verbannt und selbst wenn ein solcher gewählt worden wäre, hätte es nichts genutzt: Der Präsident des Irans kann nicht gegen den mächtigen Wächterrat und den Klerus regieren. Dass diese die meisten Reformbemühungen abzuwürgen vermögen, zeigten die beiden Amtszeiten von Ahmadinedschads Vorgänger Mohammad Chatemi.
Chatemis Anstrengungen um mehr Demokratie und Gleichberechtigung wurden stur blockiert, seine Amtszeiten gerieten zu einer Demonstration, dass das Votum des Volkes nichts gilt, wenn es nicht die Meinung des Wächterrates bestätigt. Die Politik des Iran war am Ende so verfahren, dass nicht einmal mehr religiös unverfängliche Reformen durchgeführt werden konnten.
Dieses Spannungsmoment ist jetzt weg. Ahmadinedschad wird die Linie des Wächterrates vertreten. Doch dies reicht nicht: Denn die Probleme, die bis jetzt bestehen, wird es auch weiterhin geben: Arbeitslosigkeit, wirtschaftliche Stagnation und Korruption.
Zwar waren es genau diese Punkte, mit denen er bei den Armen und Unzufriedenen Stimmen geholt hatte, aber ein Rezept, wie er diese Probleme lösen will, hat er noch viel weniger, als die gescheiterten Reformer. Denn diese Dinge haben ihre Ursache im System – dem System, für das der neue Präsident steht.
Schon sehr bald dürften des Präsidenten neue Kleider klar sichtbar werden und mehr als nur einer wird versucht sein zu rufen, dass er ja auch nackt ist. Doch es ist gut möglich dass bis dahin schon so viele Knebel verteilt sind, dass diese Rufe gar nicht ertönen werden.
Doch dies wird die Spannungen im Iran nicht beseitigen können.
So wird Ahmadinedschad, der mit den klassischen Mitteln eines Populisten an die Macht gekommen ist, bewährte populistische Hämmer auspacken. Er wird die Schuld in der Folge auf die Reformer und das Ausland abschieben. Dabei wird es nicht bei den USA bleiben – auch Europa wird beschuldigt werden, Israel sowieso, wenn es sein muss, sogar die UNO – einfach alle, die nicht bedingungslos für ihn sind.
Der Weg des Iran in die Isolation ist momentan fast unvermeidbar, auch wenn Ahmadinedschad zu seinem Antritt ganz versöhnlich tönte – vorerst sind dies hohle Worte, die eines Tatbeweises bedürfen. Zu hoffen, dass die versagende Führung im Iran dereinst freiwillig abtreten wird, ist illusorisch, denn der Volkswille wird nur akzeptiert, wenn er die Ansichten der Führer bestätigt. Nicht umsonst ist des neuen Präsidenten bekanntestes Zitat: "Wir haben doch keine Revolution gemacht, um Demokratie zu kriegen."
Scheinbar wird es im Iran irgendwann noch eine Revolution brauchen.
Patrik Etschmayer (Quelle: news.ch)
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