Freitag, 25. März 2005 / 10:10:37
Schutzlos im Rauch
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Offensichtlich haben Nichtraucher in der Schweiz keine Rechte. Soeben hat auch Zug ein Gesetz zum Schutz von Nichtrauchern an öffentlichen Orten abgelehnt. Die Lungen von Nicht- und Ex-Rauchern sind also den Interessen der Tabakindustrie unterzuordnen.
Dass diese Suchtmittelverkäufer es in der Schweiz geschafft haben, die Zigaretten dealenden Gastwirte als ihre nützlichen Idioten vorzuschieben, ist dabei besonders nett. Diese fühlen sich scheinbar geradezu von den 'lustfeindlichen' Rauchgegnern drangsaliert. Ihre Verbandsvertreter, die in der Politik tätig sind, haben erfolgreich wider der Vernunft die Volksvertreter dazu gebracht, gegen die Gesundheit ihrer Gäste zu stimmen.
Dabei geht es nicht um die Gesundheit der Raucher. Es ist deren Recht, ihren Körper zu zerstören und ihren Angehörigen, sollten sie dereinst an Krebs erkranken, mit ihrem langsamen Tod unsägliches Leid und sich selbst schreckliche Schmerzen zuzufügen.
Es geht um die Nichtraucher. Leute, die ein Sozialleben haben wollen, ohne an einem Abend in einem Restaurant 1,5 Zigaretten inhalieren zu müssen. Leute, die Mittagessen wollen, ohne den ganzen Nachmittag durch den Gestank ihrer Kleider daran erinnert zu werden, dass ihre Lungen dieser Stinkluft ausgesetzt waren.
Es geht um Familien, die sich mehrfach überlegen müssen, ob sie ihren Kindern diese Giftstoffbelastung zumuten wollen oder nur noch Restaurants besuchen, wenn man in Gastgärten sitzen kann. Es geht hier um mehr als die Hälfte der Bevölkerung (laut Statistik), die ein verfassungsmässiges Recht auf Unversehrtheit ihres Körpers hat.
Die Tabakindustrie und die Gastwirte haben vor längerer Zeit eine listige Kampagne gestartet, deren Zentralargument die gegenseitige Toleranz zwischen Rauchern und Nichtrauchern hatte. Der Unterton dieser Kampagne ist perfid: Ein Nichtraucher hat demnach nicht das Recht, intolerant zu sein, wenn es um seine Gesundheit geht. Er wird zur Toleranz aufgefordert, obwohl sein Körper womöglich irreparabel geschädigt wird. Andere Frage: Wann kann man denn von einem toleranten Raucher sprechen? Wenn er den Rauch nicht gleich ins Gesicht des Gegenübers bläst?
Als nächstes kommt das Argument der Lustfeindlichkeit der bösen Nichtraucher. Wenn Lust Nikotinabhängigkeit bedeutet, dann müssen gewisse Raucher ganz böse Erfahrungen mit Sex und gutem Essen haben. Nein, Nikotinsucht in Restaurants hat nichts mit Lust zu tun. Und es würde ja auch keinem Wirt in den Sinn kommen, die Möglichkeit des öffentlichen Geschlechtsverkehrs in seinem Restaurant zu fordern, weil ein Verbot lustfeindlich ist.
Auch das Personal – sofern Nichtraucher – ist Opfer. Es ist nicht einzusehen, warum asbestgeschädigte Arbeiter Schadenersatz erhalten, Serviceangestellte aber nicht: Die Schädlichkeit IST nachgewiesen und es wäre zu wünschen, dass ein an Lungenkrebs leidender Kellner dereinst den Wirteverband auf Schadenersatz verklagt, weil dieser den Schutz der Angestellten verhindert hat.
Dass ein Verbot funktioniert, sieht man an vielen Orten. Selbst in Italien kann man, ohne wie ein Aschenbecher zu stinken, einen Abend in Restaurants und Clubs verbringen. Der Blues in Roms 'Big Mama'-Club ist dadurch keinen Deut schlechter.
Es gibt nur eine Folgerung: In der Schweiz wurde mal wieder die Politik von der Industrie und den Gewerbeverbänden gekapert und die Gesundheit des Volkes verkauft. Die Nichtraucher bleiben derweil schutzlos im Rauch stehen oder zu Hause.
von Patrik Etschmayer (Quelle: news.ch)
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